200-Euro-Welpen aus dem Kofferraum

CSU-Bundesagrarminister Schmidt verspricht, „skrupellose“ Geschäfte mit Hunden einzudämmen

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Von Hanna Gersmann

31. Jul. 2014 –

Der braun-weiße Jack Russel Terrier kostet „200 Euro“. Ein Welpe. „Reinrassig!“. Und: „Wenn Interesse besteht, einfach eine Email schicken!“ So steht es in der Ebay-Anzeige im Internet. Plötzlich ploppt ein Warnhinweis auf:  „Schützen Sie sich vor unseriösem Welpenhandel. Unterstützen Sie keine Tierquälerei.“

Im Internet werden immer mehr Welpen gehandelt, und zwar auffällig billig. Von einem „illegalen Geschäft, von „Wühltischwelpen“ und von einer  „Welpenmafia“ sprechen Tierschützer. Aber nicht nur sie.

Am Freitag, dem 1. August, treten neue Regeln zum Tierschutz in Kraft. Eine davon: Jeder, der künftig einen Hund aus dem Ausland verkaufen will, braucht eine Erlaubnis von den zuständigen Landesbehörden. Der zuständige CSU-Bundesagrarminister Christian Schmidt meint, damit seien die Kontrollbehörden „besser ausgerüstet“, um „skrupellosen illegalen Welpenhändlern ihr Handwerk zu legen.“

„Skrupellos“? „Ja“, sagt Melitta Töller von Vier Pfoten. Sie kennt das Geschäft gut, die Tierschutzstiftung hat schon mehrfach Rechercheure losgeschickt, nach Polen und Rumänien, in die Slowakei und nach Tschechien sowie nach Ungarn. Sie entdeckten dort „dunkle Lagerhallen“ - „Dort werden die Hündinnen in winzigen Verschlägen gehalten.“ Es rieche schon mal nach Kot und Urin, mit der Hygiene sei es nicht weit her. Die Tiere: krank.

Ihre einzige Aufgabe sei es, Welpen zu werfen. Und die würden den Müttern schon nach weniger als acht Wochen weggenommen. Dabei müssten sie – nach EU-Recht - mindestens 12 Wochen alt sein, sollen sie von einem Land ins andere gebracht werden. Denn früher könnten sie auch gar nicht gegen Tollwut geimpft werden.

Die Hundebabys sind oft zu jung, nicht richtig geimpft, auch nicht entwurmt, wenn sie durch Europa gekarrt werden. Dem europaweiten Tierschutzrecht entsprechen die Transporte nicht. Am Ende werden die Hundebabies dann auch schon mal auf der Autobahnraststätte, direkt aus dem Kofferraum, übergeben.

Das Geschäft werde immer „professioneller und industrieller“, sagt Töller. Nur ab und an fliegen die illegalen Transporte auf. So stoppte die Polizei vor wenigen Wochen auf der Autobahn bei Marktdrewitz in Oberfranken einen rumänischen Transporter mit gut 30 Hunden. Darunter etliche  Welpen - mit Milben, Flöhen, Durchfall.

Wie viele Kaufangebote aus dem illegalen Handel stammen, ist jedoch unklar. „Die Dunkelziffer ist vermutlich hoch“, so das Agrarministerium. Die Angebote scheinen verlockend. Wer einen reinrassigen Welpen bei einem hiesigen Züchter kauft, zahlt schon mal 800 Euro. Bei den Billigwelpen, so warnt Töller, schlagen allerdings oft Tierarztkosten zu Buche.

Und was ändert nun die neue Erlaubnis-Pflicht? Sie sei zu „begrüßen“, meint Töller, an eine große Wirkung glaubt sie allerdings nicht. Den Tierschützern fehlt eine „EU-weite Registrierungs- und Chip-Pflicht für alle Hunde“ - damit nachvollzogen werden kann, woher ein Tier stammt.

Diese gilt bereits in einigen Bundesländern. Zu mehr konnte sich die Bundesregierung jedoch nicht durchringen: „Fälschung“ sei denkbar, der bürokratische Aufwand zu hoch: Jeder der rund fünf Millionen privat gehaltenen Hunde in Deutschland müsse dann registriert werden.

Der Opposition verfolgt eine andere Idee. Die Grüne Bärbel Höhn fordert „polizeiliche Testkäufer“, die die Täter stellen. Allerdings müssten diese dazu die vielen Kleinanzeigen durchforsten, „was aber sehr arbeitsintensiv ist". Darum, meinte Höhn, wäre „die Unterstützung engagierter Bürger hilfreich."

Die Kontrollbehörden werden tatsächlich kaum mit mehr Personal ausgestattet werden. Im Agrarministerium in Nordrhein-Westfalen geht man davon aus, dass es bei „Autobahn- und Routinekontrollen der Polizei“ bleibt – und bei „Zufallsfunden“.


Der Hundekauf
Das Bundesagrarministerium und die  Tierschutzorganisation Vier Pfoten geben Tipps wie:
Nicht auf einen Treffpunkt für die Übergabe einlassen, Hund persönlich beim Halter abholen.
Nicht aus Mitleid kaufen. Nicht reinfallen auf Sätze wie: „Sonst muss er eingeschläfert werden“.
Keine Welpen kaufen, die jünger als acht Wochen sind.
Kostet ein reinrassiger Welpe nur 200 Euro, stimmt meist etwas nicht.

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