Ab 29. Juli Geld für verspätete Züge

Bahnen einigen sich auf einfaches Verfahren / Schlichtungsstelle soll Streitfälle klären

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Von Wolfgang Mulke

16. Jul. 2009 –

Private und öffentliche Bahnen richten eine zentrale
Stelle für die Entschädigung der Kunden bei stark verspäteten Zügen ein.
So soll den Fahrgästen ein möglichst einfaches Verfahren angeboten
werden, mit dem sie ihre Forderungen geltend machen können. Ab dem 29.
Juli gelten die neuen Fahrgastrechte, deren Kernpunkt die
Bargeldrückzahlung ist. Verspätet sich der Zug um mehr als eine Stunde,
werden 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, bei mehr als zwei Stunden
gibt es die Hälfte zurück.

Die Bahnen haben ein einheitliches Formular entwickelt. Darin werden die
wichtigsten Angaben zur betreffenden Reise, sowie die notwendigen Daten
zur Überweisung der Erstattung abgefragt. Das Frankfurter Servicecenter
Fahrgastrechte bearbeitet die Fälle dann und klärt beispielsweise
intern, welches Bahnunternehmen für den unpünktlichen Zug verantwortlich
ist. Der umfangreiche Vordruck ist auf den ersten Blick kompliziert,
tatsächlich aber eine leicht lösbare Aufgabe.

An diesem Mittwoch haben die Bahnen außerdem einen Trägerverein für die
neue Schlichtungsstelle für den öffentlichen Verkehr gegründet. Der
Verein soll im Dezember die Arbeit aufnehmen und in Streitfällen
zwischen den Bahnunternehmen und den Kunden vermitteln. Im Beirat der
Einrichtung sitzen beispielsweise Fahrgastverbände und
Verbraucherschutzorganisationen. Die Bahnen wollen sich der Entscheidung
der Schlichtungsstelle beugen und so Gerichtsverfahren um die
Entschädigungsregelung vermeiden. Später sollen auch andere
Verkehrsunternehmen, zum Beispiel Fluggesellschaften, dem
Schlichtungsverein beitreten. Bislang haben sich die Airlines dagegen
gesträubt.

In der Regel geht es bei den Fahrgastrechten um im Einzelfall geringe
Beträge. Besitzer von Zeitfahrkarten werden zum Beispiel pauschal
entschädigt. Im Nahverkehr, bei den Ländertickets und dem
Schönes-Wochenende-Ticket gibt es nach 60 Minuten Wartezeit 1,50 Euro,
im Fernverkehr fünf Euro und bei der Netzkarte zehn Euro. Ausgezahlt
werden ohnehin nur Beträge von mehr als vier Euro. Zeitkarteninhaber
müssen also erst einmal mehrere Verspätungen ansammeln.

Erstattet werden künftig auch andere Zusatzkosten, die durch
unpünktliche Züge entstehen, Wenn zwischen Null und fünf Uhr früh eine
Verspätung von mehr als einer Stunde zu erwarten ist, darf der Fahrgast
mit dem Taxi an den Zielort fahren, sofern dies nicht mehr als 80 Euro
kostet. Wird eine Übernachtung fällig, übernimmt die Bahn die
Hotelkosten. Schließlich dürfen die Reisenden schon bei einer Verspätung
von 20 Minuten auf einen anderen Zug umsteigen und beispielsweise statt
mit dem Nahverkehrszug mit dem ICE fahren.

Spannend wird wohl die praktische Umsetzung der Entschädigungsregeln.
Denn in einigen Sondersituationen sind die Bahnen von der Zahlung
befreit. Kommt der Verkehr zum Beispiel durch einen Orkan zum
Stillstand, muss niemand bezahlen. Umstritten ist noch, womit die Kunden
bei einem Arbeitskampf rechnen können. "Der Streik ist eine Grauzone",
räumt der Chef des Branchenverbands der Bahnen, Bernd Rössner, ein.

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