Abofallen werden von Betrügern aufgestellt

BGH bestätigt Urteil gegen Betreiber von täuschenden Internetseiten. Die Täter können jetzt leichter verfolgt werden.

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Von Wolfgang Mulke

06. Mär. 2014 –

Wirtschaft / Verbraucher / Mulke

 

 

Wer auf seinen Internetseiten Abofallen aufgebaut hat oder hatte, muss nun mit einem Strafverfahren wegen Betrugs rechnen. Denn erstmals stellte der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass es sich um eine Straftat handelt, bei der Verbraucher getäuscht und geschädigt werden. Durch die auf Täuschung abzielende Gestaltung der Internetseite sei die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung gezielt verschleiert worden. Damit bestätigte der BGH ein Urteil des Frankfurter Landgerichts, dass den Betreiber eines Webportals wegen versuchten Betrugs zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt hatte.

 

Der Täter betrieb verschiedene kostenpflichtige Internetportale mit einer nahezu identischen Gestaltung. Angeboten wurde dabei auch ein Routenplaner. Um diesen zu nutzen, mussten Interessenten ihren Namen, die Adresse sowie die Mailadresse angeben. Die Seite war nach Auffassung des Gerichts gezielt so gestaltet worden, dass flüchtige Leser nicht mitbekamen, dass sie für den Dienst etwas bezahlen sollten. Wer per Mausklick seine Wunschroute berechnen lassen wollte, bekam einen mehrzeiligen, kleingedruckten Hinweis auf den Bildschirm. An dessen Ende wurde der Kunde auch über das das Abonnement zum Preis von 59,95 Euro für drei Monate informiert. Die oft unwissenden Verbraucher erhielten nach Ablauf der Widerrufsfrist dann eine Rechnung. Wer nicht bezahlte, bekam von Rechtsanwälten eine Zahlungsaufforderung, bei der auch mit einem Schufa-Eintrag gedroht wurde.

 

Das reichte dem Landgericht zu einer Bestrafung wegen versuchten Betrugs. Die obersten Richter sehen es genauso. Auch wenn ein Nutzer bei aufmerksamen Lesen die Trick hätte entdecken können, sei die Strafbarkeit nicht ausgeschlossen. Auch einen Vermögensschaden sieht der BGH als gegeben an, weil die Gegenleistung praktisch wertlos gewesen sei.

 

„Darüber freuen wir uns“, sagt die Rechtsexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Bianca Skutnik. Denn in der Vergangenheit haben die Staatsanwälte Verfahren häufig eingestellt. Nun erhöht sich nach Ansicht der Juristin der Druck auf die Ermittler, gegen die Täter konsequenter vorzugehen. Denn auch ihre Möglichkeiten werden durch das Urteil erweitert. So können zum Beispiel Konten möglicher Betrüger schneller gesperrt werden.

 

Skutnik rät den Opfern der Abofallen zu einer Anzeige. Zwar gibt es mittlerweile aufgrund einer veränderten Rechtslage kaum noch neue Fälle. Doch bei den Verbraucherzentralen gehen noch immer viele Anfragen zu alten Aboverträgen ein. „Es werden Mahnschreiben verschickt und Drohszenarien aufgebaut“, berichtet Skutnik, „die Betroffenen sollten direkt bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige stellen.“

 

Möglicherweise können ausgetrickste Verbraucher auch heute noch Schadenersatzansprüche durchsetzen. „Die Verjährungsfrist beginnt immer erst, sobald der Betroffene von den wesentlichen Umständen erfährt“, erläutert Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest. Ab diesem Zeitpunkt haben sie drei Jahre lang Zeit dazu. Doch ist nicht klar, ob die Zivilgerichte nicht schon die ersten Urteile als Stichtag ansehen. Dann wären die Ansprüche schon verjährt. „Bei einem Schaden von 100 Euro würde ich die Finger davon lassen“, rät der Fachmann. Denn oft ist gar nicht klar, ob bei den Tätern noch etwas zu holen ist. Im schlimmsten Fall bleibt der Betroffene dann auch noch auf den Gerichts- und Anwaltskosten sitzen.

 

Etwas anders sieht es beim Sinn auf Vergeltung aus. „Eine Strafanzeige kann man auf jeden Fall machen“, sagt Herrmann, „das kostet nichts.“

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