Ärzte verdienen 2009 deutlich mehr

Honorarreform mit Gewinnern und Verlierern / Kräftige Umverteilung zwischen den Medizinern

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Von Wolfgang Mulke

28. Jul. 2009 –

Die niedergelassenen Ärzte verdienen nach der Honorarreform zu Jahresbeginn im Durchschnitt 7,4 Prozent mehr als 2008. „Die absoluten Zahlen sind besser ausgefallen als erwartet“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, am Montag in Berlin. Die für die Verteilung der Kassenhonorare zuständige Einrichtung hat die Erträge von 55.000 Arztpraxen in den ersten drei Monaten des Jahres ausgewertet. Insgesamt bekamen die Mediziner gut 470 Millionen Euro mehr als im ersten Quartal 2008. Die von vielen Ärzten befürchteten Existenz bedrohenden Verluste blieben damit aus.

Noch im Frühjahr wollten die 140.000 freien Mediziner die neuen Vergütungsregeln mit Protestaktionen kippen. Patienten wurden mitunter nur gegen Vorkasse behandelt, Praxen blieben geschlossen. Doch die ersten Zahlen belegen nun, dass die Sorgen weitgehend übertrieben waren. Selbst die überdurchschnittlich gut bezahlten bayerischen Ärzte kommen auf ein weiteres Plus. Lediglich in Baden-Württemberg mussten Haus- und Fachärzte laut KBV einen leichten Rückgang der Einnahmen hinnehmen. Im Ländle gab es allerdings im vergangenen Jahr deutlich mehr. In diesem Jahr geben die Krankenkassen 31,6 Milliarden Euro für die ambulante Versorgung der Kranken aus, fast vier Milliarden Euro mehr als 2007.

Innerhalb der Ärzteschaft hat die Neuordnung der Vergütung allerdings zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Ein Ziel der Reform war die Angleichung der Honorare zwischen Ost und West. Die neuen Länder gehören deshalb zu den großen Gewinnern. Spitzenreiter sind die Berliner Praxen, die sich über ein Plus von fast einem Drittel freuen können, allerdings von einem niedrigen Niveau kommend. Ein Hausarzt in der Hauptstadt kann in diesem Jahr mit 69.000 Euro bis zu 5.000 Euro zusätzlich einnehmen. Sein Kollege in Baden-Württemberg, der auf rund 1.800 Euro verzichten muss, hat mit bis zu 85.000 Euro im Jahr dennoch weit höhere Einkünfte. In den westlichen Bundesländern fielen die Zuwächse durchweg geringer aus. Lediglich Niedersachsens Ärzte stechen mit einem Plus von gut 17 Prozent heraus.

Umgeschichtet wurde auch zwischen den Fachärzten. Eindeutige Verlierer sind die Orthopäden, die Einbußen von durchschnittlich vier Prozent hinnehmen müssen, weil viele Leistungen pauschal abgerechnet werden. Kardiologen stehen mit 21 Prozent mehr Honorar dagegen glänzend da. Ingesamt gibt es deutlich mehr Gewinner als Verlierer der Reform. Zwei Drittel der Praxen haben höhere Einnahmen erzielen können. Mögliche Verluste sind ohnehin auf fünf Prozent begrenzt worden. Ein größeres Minus wird innerhalb des Systems ausgeglichen.

Die Überweisungen der Krankenkassen sind nicht die einzige Einnahmequelle der Praxen. Zu den Kassenvergütungen kommen noch die von den Patienten direkt bezahlten Leistungen und die Erstattungen für die Privatversicherten.

Trotz der positiven Zwischenbilanz will die KBV noch keine Entwarnung geben. „Wir sind immer noch in der Kostenunterdeckung“, sagte Köhler. Danach werden 20 Prozent der von den Medizinern tatsächlich erbrachten Leistungen nicht bezahlt. Die KBV will in den im August beginnenden Verhandlungen über das Budget für 2010 weitere Verbesserungen durchsetzen und Schwächen der Reform beseitigen.

Weitere Proteste will Köhler nicht unterstützen. Auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt fordert von den Ärzten, dass sie den Widerstand aufgeben. „Insbesondere erwarte ich, dass mit der erheblich verbesserten Honorierung eine Bevorzugung der Privatpatienten aufhört“, sagte die Ministerin.

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