Alle Länder wollen mehr, der Bund soll zahlen

9,65 Milliarden Euro hätten die Ministerpräsidenten gerne zusätzlich vom Bund. Finanzminister Schäuble bietet bislang 8,5 Milliarden

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Von Hannes Koch

04. Dez. 2015 –

Die Bundesländer werden ab 2020 wohl deutlich mehr Geld vom Bund erhalten als bisher. Der Vorschlag der MinisterpräsidentInnen für die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs gehe „in die richtige Richtung“, sagte Martin Jäger, der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag. Ob die Länder allerdings die gesamte geforderte Summe von 9,65 Milliarden Euro pro Jahr erhalten, ließ er offen. Bisher hat Schäuble den Ländern 8,5 Milliarden Euro geboten.

 

Warum werden die Länder aktiv?

Die Finanzbeziehungen zwischen den 16 Ländern und dem Bund müssen neu geregelt werden, weil der bisherige Mechanismus 2019 endet. Außerdem haben die reichen Länder Bayern und Hessen vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, weil sie weniger an ärmere wie Berlin und Sachsen-Anhalt zahlen wollen. Beim Länderfinanzausgleich werden die gesamten Steuereinnahmen so verteilt, dass möglichst in allen Regionen Deutschlands ähnliche Bedingungen herrschen. Aktuell zahlen drei Länder – Bayern, Baden-Württemberg und Hessen – in den Ausgleichstopf ein, die übrigen Länder erhalten Geld – die Hauptstadt Berlin bekommt mit rund drei Milliarden Euro am meisten.

 

Was wollen die Länder?

Ihr Wunsch nach 9,65 Milliarden Euro folgt dem Prinzip: Alle bekommen mehr als bisher, und der Bund bezahlt es. Den größten Vorteil soll mit einem Plus von 1,5 Milliarden Euro Nordrhein-Westfalen verbuchen, gefolgt von Bayern mit 1,3 Milliarden. Baden-Württemberg erhielte 944 Millionen mehr, Sachsen 807, Niedersachsen 672, Rheinland-Pfalz 377. Den geringsten Zuwachs bekäme Hamburg mit 172 Millionen Euro.

 

Welche Gründe nennen sie?

Bayern und Hessen argumentieren mit Unterstützung Baden-Württembergs, das System sei faul, wenn nur drei Länder die übrigen 13 unterstützen müssten. Die ostdeutschen Regierungen verweisen auf die immer noch hohe Arbeitslosigkeit und die Kosten der Wiedervereinigung. Nordrhein-Westfalen hat ein besonderes Problem, weil viele Städte im Ruhrgebiet heillos verschuldet sind. Und alle zusammen sagen, dass sie die Milliarden-Ausgaben für die Flüchtlinge nicht aus eigener Kraft finanzieren können.

 

Wo soll das Geld herkommen?

Die Länder schlagen unter anderem vor, dass der Bund ihnen zusätzlich vier Milliarden Euro der Umsatzsteuereinnahmen abgibt. Weitere 1,5 Milliarden Euro soll das Bundesfinanzministerium für bedürftige Städte unter anderem in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stellen. Zusätzlich will man Hochschulen und Forschungsinstitute in den Ländern verstärkt mit Bundesmitteln fördern. Die finanzschwachen Länder Saarland und Bremen erhalten weitere Sanierungshilfen von jeweils 400 Millionen Euro jährlich. Der Haken: In den vergangenen Jahren ging es dem Bund finanziell gut. 2015 erwirtschaftete Schäuble einen Überschuss. Ob das so bleibt, ist fraglich. Die Einwanderung kostet zusätzliches Geld. Möglicherweise verlangen die Länder heute Mittel, die morgen nicht mehr da sind.

 

Wie will man die Umschichtung organisieren?

Der Länderfinanzausgleich in seiner bisherigen Form soll abgeschafft werden, vor allem der sogenannte Umsatzsteuervorwegausgleich. Damit musste bisher beispielsweise NRW größere Summen abgeben, so dass das Land unter dem Strich zum Empfänger wurde. Das wollte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unbedingt ändern. Künftig soll die Umsatzsteuer schonender umverteilt werden. Als Orientierunggröße dient die Einwohnerzahl.

 

Was bieten die Länder dem Bund?

Um die Zustimmung des Finanzministers zu erlangen, haben die Landesregierungen eingewilligt, ihre Finanzen intensiver vom Stabilitätsrat kontrollieren zu lassen, damit ihre Neuverschuldung sinkt. Schäuble geht außerdem davon aus, dass die Länder den Plan der Bundesregierung unterstützen, eine Gesellschaft für Bau und Betrieb von Autobahnen und Bundesstraßen zu gründen. Damit will Schäuble auch privates Kapital einwerben.

 

Wie geht es jetzt weiter?

Trotz dieser Zugeständnisse werde die Einigung aber nicht „schnipp-schnapp“ kommen, sagte Schäubles Sprecher Jäger. Intensive Verhandlungen seien nun nötig. Vielleicht gelingt eine Einigung noch vor den Landtagswahlen im März 2016 in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.

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