An der unteren Grenze

Kommentar zum Klimaprogramm von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

03. Dez. 2014 –

Die Bundesregierung nimmt den Klimaschutz ernst. Am Mittwoch präsentierten Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) ein dickes Paket aus hunderten Einzelmaßnahmen, das international seinesgleichen sucht. Damit wollen sie erreichen, dass Deutschland bis 2020 tatsächlich seinen Ausstoß klimaschädlicher Abgase um 40 Prozent verringert. Ob das gelingt, ist trotzdem fraglich.

 

Zwar weiß die Regierung, dass große Anstrengungen nötig sind. Gemessen daran versucht sie aber, mit dem Minimum durchzukommen. Ein Beispiel: Die zusätzlich nötige Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts beziffern Hendricks und Gabriel auf 62 bis 78 Millionen Tonnen pro Jahr. Das mag so eben reichen, wenn das Wirtschaftswachstum nicht höher ausfällt als die geschätzten 1,4 Prozent jährlich. Ist die Dynamik der Wirtschaft größer, nehmen auch die Emissionen aus Fabriken, Kraftwerken und Fahrzeugen zu. Dann müsste die CO2-Reduzierung ebenfalls stärker sein. Vorsorge dafür im Programm fehlt allerdings.

 

Beim Thema „Elektroautos“ regiert ebenfalls das Prinzip Hoffnung. Von gegenwärtig 24.000 soll deren Zahl bis auf eine Million in 2020 steigen, wodurch die Luftverpestung deutlich sänke. Schaffen wollen die SPD-Ministerien das unter anderem, indem sie eine neue Steuerabschreibung für gewerbliche genutzte E-Fahrzeuge einführen, deren Höhe und Ausgestaltung jedoch noch verhandelt werden muss. So erscheint es waghalsig, auf Basis eines unkonkreten Instruments vermeintlich genaue Fahrzeugzahlen und CO2-Tonnen-Einsparungen zu berechnen. Derartige Stellen gibt es viele im Klima-Katalog.

 

Dem Programm fehlt der Sicherheitspuffer. Es ist auf Kante genäht - ein Kompromiss aus Klimaschutz, Kostenüberlegungen und Wirtschaftsinteressen. Hendricks und Gabriel stecken in der großen Koalition mit der Union, und auch aus eigenem Antrieb vermeiden sie es, zu große Widerstände bei Unternehmen und Kraftswerksbetreibern zu erzeugen. Die Regierung nimmt den Klimaschutz ernst, aber nicht ernst genug.

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