An die eigene Nase fassen

Korruption ist auch in Deutschland kein Fremdwort

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Von Wolfgang Mulke

17. Nov. 2009 –

Gern lästert der Reisende über bisweilen chaotische Zustände in fernen, weniger entwickelten Ländern. Manche Grenze darf nur passiert werden, wenn der Grenzbeamte mit einem kleinen Betrag gewogen gestimmt wird. Das schönere Hotelzimmer rückt das Personal in manchen Hotels erst gegen ein sattes Trinkgeld heraus. Und mitunter wird nach einem kleinen oder großen Unfall der zuerst behandelt, der dem Arzt ein paar Scheine in die Hand drückt. Das Prinzip kennt jeder und es handelt sich schlicht um Bestechung, eine Straftat.

 

Und wer genauer darüber nachdenkt, stellt fest, dass es diese Art des Gebens und Nehmens auch hier in Deutschland gibt. Das Phänomen erscheint harmlos. Da nutzen ein paar kleine Leute halt die wenigen Chancen ihr Gehalt aufzubessern, mag der eine oder andere Denken. Soll doch erst einmal die Korruption an der Spitze bekämpft werden. Die treiben es doch viel doller. In einer Hinsicht stimmt der Einwand: Der Fisch stinkt vom Kopfe her. Wenn die Eliten auch nur den Eindruck erwecken, sie würden ihre Posten zur Vorteilsnahme nutzen, färbt dies nach unten ab. Kommt diese Entwicklung erst einmal in Gang, ist das Ergebnis höchst gefährlich. Wo geschmiert wird, profitieren einzelne auf Kosten der Konkurrenten, der Steuerzahler oder der Kunden. Irgendjemand muss den Preis des Schmiergelds schließlich bezahlen. Deshalb ist es richtig und wichtig, Korruption möglichst wirksam zu bekämpfen.

 

Spätestens mit der Schwarzgeldaffäre beim Konzern Siemens hat in Deutschland ein Sinneswandel begonnen. Doch tut es immer noch Not, noch weiter vor der eigenen Tür zu kehren. Die Politik muss stärker als bisher mit gutem Beispiel vorangehen und durch eine klare Abgrenzung den Anschein vermeiden, dass finanziell besonders starke Interessengruppen bevorzugt oder Posten untereinander vergeben werden. Auch fehlt es an Transparenz bei der Entscheidungsfindung, zum Beispiel bei Ausschreibungen. Es gibt also auch im eigenen Land noch gut zu tun, auch wenn Deutschland von den Zuständen in den Bananenrepubliken der Welt weit entfernt ist.

 

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