Arztbesuch im Urlaub: Das kann teuer werden

Nicht alle Mediziner und Kliniken akzeptieren die Europäische Krankenversicherungskarte/ Selbst manch Kassenarzt will Bargeld sehen

Teilen!

27. Jan. 2012 –

Gallenkolik in der Toskana, Magen-Darm-Grippe auf Teneriffa, Ohrenschmerzen in Österreich: Wer im Urlaub krank wird, der vertraut auf die Europäische Krankenversicherungskarte. Doch wer glaubt, mit dem Kärtchen sei die Behandlung im europäischen Ausland so einfach wie im Inland, der irrt. Nicht immer läuft alles reibungslos.

 

Mit der Europäischen Krankenversicherungskarte erhalten Patienten in EU-Staaten alle medizinisch notwendigen Leistungen – sowohl ambulant als stationär. Das trifft auch auf Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz zu. „Der Anspruch gilt ausschließlich für eine unmittelbar erforderliche medizinische Versorgung – zum Beispiel bei einem Beinbruch –oder für die fortlaufende Behandlung chronischer Erkrankungen wie Diabetes“, erläutert Claudia Widmaier vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

 

Nur innerhalb des gesetzlichen Krankenversicherungssystems gilt der Schutz. Hier liegt der Haken. Bei einer akuten Mittelohrentzündung oder einem Armbruch bleibt den Erkrankten nicht viel Zeit zum Nachdenken. Sie suchen die nächst beste Klinik oder den nächst besten Arzt auf – und landen bei einem privaten Mediziner. Im guten Glauben legen die Patienten ihre Versicherungskarte vor und sind erstaunt, wenn sie nach der Behandlung eine saftige Rechnung bekommen. Zurück in Deutschland, kommt die Krankenkasse höchstens für den Betrag auf, den sie für eine Behandlung im Inland zahlen würde. Das ist häufig nur ein Bruchteil dessen, was auf der Rechnung steht. Bei einem Krankenhausaufenthalt können so schnell einige tausend Euro zusammenkommen.

 

„Lassen Sie sich vor Beginn der Behandlung beim Arzt oder im Krankenhaus zusichern, dass diese dem gesetzlichen Versicherungssystem angehören, und dass die Europäische Krankenversicherungskarte akzeptiert wird“, rät Andrea Sack, Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums in Kiel. „Machen Sie deutlich, dass Sie keine Behandlung als Privatpatient wünschen“.

 

Selbst manch Mediziner der öffentlichen Gesundheitsversorgung akzeptiert die Europäische Krankenversicherungskarte nicht. Er behandelt den Versicherten privat und rechnet nach Privatsätzen ab. „Die deutlich höheren Beträge dürfen die gesetzlichen Kassen dann nicht übernehmen, die Rechnung kann also eventuell nur teilweise erstattet werden“, sagt Widmaier vom GKV-Spitzenverband. Auch die Kosten für einen Krankenrücktransport nach Deutschland dürften sie nicht übernehmen. „Wer seinen Versicherungsschutz stärken will, sollte über den Abschluss einer zusätzlichen Auslandsreisekrankenversicherung nachdenken“, so Widmaier.

 

„Noch sind nicht alle Beteiligten gut genug informiert“, erläutert Charlotte Geiger, Pressesprecherin des Europäischen Verbraucherzentrums in Kehl. Viele Kliniken und Ärzte wüssten noch nicht, welche Pflichten sie gegenüber ausländischen Patienten haben, auch in Deutschland. „Selbst wenn der Patient seine Europäische Krankenversicherungskarte dabei hat, verlangen sie Bargeld oder eine Kreditkarte – aus Angst, auf den Kosten sitzen zu bleiben“, so Geiger. In dem Fall sollten sich Versicherte eine detaillierte Abrechnung für die Krankenkasse mitgeben lassen. Dann habe man bessere Chancen, zumindest einen Teil der vorgestreckten Summe erstattet zu bekommen.

 

 

 

 

In der Fremde gelten andere Regeln

 

Im Ausland gelten andere Zuzahlungsregeln und Selbstbeteiligungen als hierzulande. Unter http://ec.europa.eu/social/ erfahren Urlauber, wie hoch die Zusatzbeiträge ausfallen und welche Gesundheitsleistungen sie im jeweiligen Aufenthaltsland in Anspruch nehmen können. Auch wichtig: Begeben sich Reisende mit der Absicht in ein anderes Land, um sich dort wegen einer Erkrankung behandeln zu lassen, deckt die Europäische Krankenversicherungskarte die Kosten dafür nicht ab. Ebenso gilt der Schutz nicht, wenn die Krankheit oder Verletzung bereits vor der Abreise bestand.

 

 

 

 

 

 

 

« Zurück | Nachrichten »