Auf dem Weg zum Marshallplan

Kommentar zur Syrien-Konferenz von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

04. Feb. 2016 –

Die Bundesregierung weiß, was auf dem Spiel steht. Deshalb hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag 2,3 Milliarden Euro bis 2018 ausgelobt, um syrische Flüchtlinge in der Türkei, dem Irak, Libanon und Jordanien zu unterstützen. Großbritannien und Norwegen stellten einen ähnlichen Betrag zur Verfügung, die USA gut 800 Millionen Euro. Schätzungsweise werden dank diesen Geldes viele Flüchtlinge in den Lagern rund um ihr kriegsverwüstetes Heimatland bleiben und sich nicht auf den Weg nach Norden machen.

 

Wegen der hohen Zahl von Einwanderern aus dem Nahen Osten kümmern sich die Regierungen Deutschlands und anderer Staaten nun verstärkt darum, den Krieg in Syrien zu beenden. Dem dienen die Friedensgespräche in Genf, die allerdings wieder einmal vertagt wurden. Ein weiterer Ansatz besteht darin, die syrischen Flüchtlinge in der Nähe ihres Heimatlandes besser zu versorgen. 2014 und 2015 hat das nicht funktioniert, weil auch Deutschland den Vereinten Nationen zu wenig Geld zur Verfügung stellte. Die schlechte Lage in den Lagern trug dazu bei, dass hunderttausende Syrer nach Deutschland kamen. Merkel arbeitet nun daran, dass die Zahl der Einwanderer in diesem Jahr sinkt.

 

Fraglich erscheint jedoch, ob 2,3 Milliarden Euro (1,2 davon in 2016) genug sind, um das Ziel zu erreichen. In diesem Sinne hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Weltwirtschaftsforum von Davos im Januar über die Notwendigkeit eines Marshallplans zugunsten der Fluchtstaaten gesprochen – in Erinnerung an die US-Hilfe für Westeuropa nach dem 2. Weltkrieg. Kriegsflüchtlinge, politisch Verfolgte und Arme kommen heute ja nicht nur aus Syrien, sondern auch aus Afghanistan, Nordafrika und den afrikanischen Staaten südlich der Sahara zu uns. Die Zustände in diesen Ländern zu verbessern, dürfte deutlich teurer werden als 2,3 Milliarden Euro. So bezifferte Entwicklungsminister Gerd Müller allein den Finanzbedarf für die Menschen rund um Syrien auf zehn Milliarden Euro. Afrika ist da noch nicht eingerechnet.

 

Bislang ist der Begriff „Marshallplan“ nur eine Idee. Die Bundesregierung muss ihn in Kooperation mit den EU-Partnern konkretisieren. Ohnehin wird es nicht Monate, sondern Jahre dauern, bis sich die positiven Wirkungen in Gestalt niedrigerer Flüchtlingszahlen einstellen.

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