Auf der Suche nach Milliarden
Ökoenergiefirmen denken sich neue Anlagemodelle aus, um Geld von Privatanlegern zu akquirieren. Die Stiftung Warentest rät zur Vorsicht
28. Aug. 2013 –
Mit neuen Finanzierungsmodellen werben Ökoenergiefirmen verstärkt um private Kapitalanleger. Es geht darum, Millionen oder gar Milliarden Euro hereinzuholen, um Sonnen-, Wind- und andere Kraftwerke für regenerative Energien zu bauen. Die Unternehmen bieten dafür lukrative Zinsen von nicht selten sechs Prozent jährlich. Die Stiftung Warentest allerdings mahnt Privatanleger zu Vorsicht und genauer Prüfung.
Die juwi-Gruppe ist einer der größten Projektentwickler in der Branche der erneuerbaren Energien. Für 2013 plant sie, alleine in Deutschland etwa 120 neue Windkraftwerke zu errichten. Projektvolumen: bis zu 600 Millionen Euro. Die Firmentochter juwi Bau Festzins GmbH wirbt nun von Privatanlegern 30 Millionen Euro ein, um die Zwischenfinanzierung eines Teils dieser Anlagen während des Baus und der Inbetriebnahme zu sichern.
Den Anlegern verspricht die Firma Zinsen von 4,5 Prozent im ersten, 5,5 Prozent im zweiten und 6,5 Prozent jährlich ab dem dritten Beteiligungsjahr, wenn sie ein sogenanntes Nachrangdarlehen zeichnen, das jährlich kündbar ist. „Rund 16 Millionen Euro haben Privatinvestoren bereits angelegt“, sagt Sven Moormann, Sprecher von juwi Invest, die die Anlage vermittelt.
Nachrangdarlehen bedeutet: Käme es zur Insolvenz der Emittentin, würden erst vorrangige Gläubiger bedient, bevor die Zeichner des Nachrangdarlehens eventuell Geld zurückerhielten. Jedoch gebe es weder andere Kreditgeber, noch beabsichtige man, vorrangige Darlehen aufzunehmen, heißt es bei juwi. Moormann weist daraufhin, dass die „Konzernmutter juwi AG“ dafür garantiere, „auch potenzielle Jahresfehlbeträge der Emittentin auszugleichen“. Um dem Anlegerschutz Genüge zu tun, ist in den Unterlagen für das Nachrangdarlehen allerdings deutlich zu lesen: „Mit dieser Kapitalanlage ist das Risiko des Teil- oder des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals verbunden.“
„Manchmal wissen die Privatanleger nicht, dass sie solche Risiken eingehen“, sagt Renate Daum von der Stiftung Warentest. „Für die Altersvorsorge eignet sich ein Nachrangdarlehen nicht.“ Im Hinblick auf die langfristige Absicherung solle man stattdessen Finanzprodukte auswählen, bei denen das Verlustrisiko geringer sei, so Daum. Sie rät, für Nachrangdarlehen und ähnliche Anlagen nur eigene Mittel zu verwenden, „auf die man zur Not auch verzichten kann“.
Schärfer setzt sich die Stiftung Warentest mit der Ökoenergie-Firma Prokon Regenerative Energien GmbH aus Itzehoe auseinander. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Finanztest ist ein Artikel mit der Überschrift „Prokon dreht ein großes Ding“ erschienen, der sich mit sogenannten Genussrechten beschäftigt. Nach Angaben von Prokon selbst sind Genussrechte „eine Mischung aus einem festverzinslichen Wertpapier und einer unternehmerischen Beteiligung“. Anleger können ab 100 Euro einsteigen und sollen mindestens sechs Prozent Zinsen erhalten. Die Höhe der tatsächlich gezahlten Verzinsung hängt jedoch davon ab, wie sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens entwickelt.
Finanztest-Redakteurin Daum sagt dazu: „Der Prokon-Verkaufsprospekt für die Genussrechte enthält keine Kapitalflussrechnung“. Privatanleger könnten also kaum bewerten, wie es um die Geldabflüsse und Geldzuflüsse stehe und „aus welchen Quellen die Mittel kommen“, die für Rückzahlung von Genussrechten und Zinsen zur Verfügung stehen. Die Genussrechte seien daher zu riskant für Privatanleger, so Daum.
Die Prokon-Gruppe betont, ein erfolgreiches Unternehmen zu sein, das in den vergangenen 17 Jahren 49 Windparks entwickelt und über eine Milliarde Euro von mehr als 65.000 Anlegern eingeworben habe. In den kommenden Jahren will man bis zu zehn Milliarden Euro einsammeln.
Mit einem weiteren Modell tritt die Firma Quantum Leben aus Liechtenstein auf. Sie hat eine private Rentenversicherungspolice aufgelegt, deren Erträge unter anderem aus Solarparks finanziert werden sollen. Wie hoch die Rentenzahlung schließlich ausfällt, hängt von der Entwicklung des Investments ab. Finanztest urteilt deshalb: „Als Basis-Altersvorsorge eignet sich diese Anlageform nicht.“
Insgesamt suche die „Ökoenergiebranche schon eine ganze Weile nach neuen Varianten, um Kapital einzuwerben“, sagt Finanztest-Redakteurin Daum. Dies habe auch damit zu tun, dass die früher oft genutzten geschlossenen Fonds nicht selten unter Problemen leiden. Teilweise können sie die Prognosen für ihre geplanten Ausschüttungen nicht einhalten, und die Anleger erhalten weniger Kapital zurück als sie investiert haben. Auch deshalb hat die Nachfrage nach Ökoenergiefonds nachgelassen.