Azubis in den Osten

Krise kommt auf dem Lehrstellenmarkt an / In den neuen Ländern fehlen Lehrlinge

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Von Wolfgang Mulke

22. Mär. 2009 –

Den Ostdeutschen Betrieben geht der Nachwuchs aus. Viele Lehrstellen können nicht besetzt werden. Dagegen bauen die Unternehmen im Westen als Folge der Krise Ausbildungsplätze ab. Vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und dem Ruhrgebiet halten sich die Firmen mit neuen Lehrverträgen zurück. In diesen Regionen sitzen die von der Flaute besonders betroffenen Exportindustrien wie der Automobilbau. Dies geht aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zurück, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Bundesweit rechnet DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben mit einem Rückgang der Lehrstellenzahl um bis zu zehn Prozent in diesem Jahr. Das wären bis zu 60.000 Ausbildungsplätze weniger als im Vorjahr. „Es ist nicht so, dass wir im freien Fall sind“, betonte Wansleben trotz der alarmierenden Prognose. Drei Viertel der Betriebe wollen genauso viele oder sogar mehr Lehrstellen anbieten wie 2008. Jede vierte Firma schraubt das Angebot zurück. Das Handwerk ist zuversichtlicher. Nach Angaben des Zentralverbands der Gewerke dürfte die Lehrstellenzahl stabil bleiben.

Die Unternehmen halten laut DIHK so lange es geht an ihren Ausbildungsplänen fest. Denn spätestens beim nächsten Aufschwung fehlen sonst die dringend benötigten Fachkräfte. Der Mangel macht sich bereits deutlich bemerkbar, wie ein Blick in die neuen Länder zeigt. „Der Osten braucht junge Leute“, stellte Wansleben fest. Die Abwanderung hat Spuren hinterlassen, Lehrstellen können vielfach nicht besetzt werden. Fast jeder dritte Betrieb in Ostdeutschland konnte die angebotenen Ausbildungsplätze zuletzt nicht besetzen. 40 Prozent beklagen eine sinkende Zahl von Bewerbern. Der DIHK wirbt daher für mehr Flexibilität bei den unversorgten westdeutschen Jugendlichen. „Besser einen Ausbildungsplatz in Frankfurt an der Oder als keinen in Frankfurt am Main“, sagte Wansleben. Mit dem ungekehrten Slogan wurden in den letzten Jahren Schulabgänger von Ost nach West gelockt. Jetzt kehrt sich der Trend womöglich um.

Trotz der rückläufigen Zahl von Ausbildungsplätzen verschärft sich die Lage der Jugendlichen wohl bundesweit nicht weiter. Ein Teil des Rückgangs fällt nicht ins Gewicht, weil die Schülerzahlen zurückgegangen sind und die Nachfrage nach Lehrstellen nicht mehr weiter wächst. Trotz der Krise rechnet der DIHK deshalb damit, dass die Zahl der Schulabgänger in der Warteschleife erneut deutlich sinkt. Waren im vergangenen Jahr noch 320.000 Jugendliche ohne Lehrvertrag, dürften es in diesem Jahr noch 270.000 sein. Voraussetzung für die Prognose ist allerdings ein Ende der Talfahrt in der Wirtschaft, mit der der Verband spätestens im Sommer rechnet.

Auf mittlere Sicht zeichnet sich eine deutlich veränderte Lage am Ausbildungsmarkt ab. 2008 lag die Zahl der Schulanfänger bereits um 100.000 unter der der Abgänger. Schon im nächsten Jahrzehnt wird der Nachwuchsmangel offensichtlich. Um gute Bewerber werden die Betriebe konkurrieren müssen. Laut DIHK führt kein Weg an einer besseren schulischen Vorbildung vorbei, damit all jene, die bislang aufgrund geringer Grundkenntnisse bei der Lehrstellensuche leer ausgingen, auch untergebracht werden können. Das Bildungsniveau habe sich als Folge der Pisa-Tests bereits leicht gebessert, stellte Wansleben fest.

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