Bahnverkehr nach dem Streik noch eingeschränkt

Die Fronten zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) und der Bahn sind weiterhin verhärtet. Der Ausgang des Konflikts ist so offen wie nie.

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Von Wolfgang Mulke

07. Okt. 2014 –

Die Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen sich auch nach dem Ende der ersten Streiknacht von Dienstag auf Mittwoch noch bis zum Mittag auf Verspätungen einstellen. So lange dauert es nach Angaben des Unternehmens, bis sich der Zugverkehr wieder normalisiert. Der Schaden ist beträchtlich. Der für den Personenverkehr zuständige Vorstand Ulrich Homburg geht von mehreren Millionen Euro an Einbußen aus.

 

Die Fronten im Tarifstreit zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Bahn noch immer verhärtet. Die Gewerkschaft spricht von „unzumutbaren Arbeitgeberforderungen“. Die Bahn wirft der GDL wiederum vor, dass es ihr nur um den Ausbau ihres Einflussbereiches auf weitere Berufsgruppen gehe, nicht aber um Entgelte und Arbeitsbedingungen für die Lokführer. Die GDL will künftig auch für die Zugbegleiter oder das Personal im Bordrestaurant Tarife aushandeln. Das lehnen die Arbeitgeber ab. Daher sind weitere Streiks wahrscheinlich.

 

So könnte die GDL immer wieder mit vergleichsweise geringem Aufwand den Bahnverkehr zum Stillstand bringen und die Bahn damit wirtschaftlich so schwer schädigen, dass die Arbeitgeber nachgeben. 2007 hat die Gewerkschaft auf diese Weise einen eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer erstritten. Diesmal will sie ein von der großen Eisenbahnverkehrsgewerkschaft (EVG) unabhängiges Verhandlungsmandat für einen Teil des Zugpersonals, also zum Beispiel die Zugbegleiter erringen. Das will die Bahn auf keinen Fall, weil es dann sowohl für die Lokführer als auch für das Zugpersonal zwei verschiedene Tarifverträge geben würde. Es ist daher nicht sehr wahrscheinlich, dass die Arbeitgeber sich schnell auf diese Forderung einlassen.

 

Selbst wenn beide Seiten nach einigen Streiktagen an den Verhandlungstisch zurückkehren und nach einem Kompromiss in der Frage suchen, wird eine Lösung schwierig. Denkbar wäre, dass die Bahn mit beiden Gewerkschaften je einen Tarifvertrag abschließt, diese aber bei zentralen Fragen wie dem Entgelt oder der Arbeitszeiten identische Regelungen vorsehen. Darauf will sich die GDL bisher nicht einlassen, obwohl es ihren Verhandlungsspielraum erweitern würde. Sie wittert darin ein Tarifdiktat durch die große EVG.

 

Möglich wäre darum auch eine weitere Entwicklung. Mit andauernden Streiks wächst der Druck auf beide Seiten, am Verhandlungstisch nach einer Lösung zu suchen. Schlichter oder Moderatoren könnten dann gemeinsam mit allen drei Beteiligten, Bahn, GDL und EVG, die Basis für ein normales Gesprächsklima und eine Kompromissbereitschaft der Verhandlungsführer legen. Ist das Streitthema Vertretungsanspruch erst einmal gelöst, beginnen die eigentlichen Verhandlungen über Löhne und Arbeitszeiten.

 

Sollte sich der Konflikt jedoch noch lange hinziehen, wird wohl die Politik mittels einer gesetzlichen Regelung für klare Verhältnisse sorgen. Ende November will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Tarifeinheit in den Betrieben regelt. Kernpunkt ist laut Koalitionsvertrag, dass jeweils die Gewerkschaft Verhandlungen führt, die am meisten Mitglieder vorweisen kann. Damit hätten Spartengewerkschaften wie die GDL kaum mehr genügend Macht für Muskelspiele zu Gunsten einer kleinen Berufsgruppe. Es ist gut vorstellbar, dass sich die GDL vor dem Inkrafttreten des Gesetzes auf friedlichem Wege wenigstens das Verhandlungsmandat für die Lokführer dauerhaft sichern will und sich deshalb auf einen jetzt noch abgelehnten Kompromiss einlässt.

 

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