Bald gibt es die schusssichere Bioweste

Bundeskabinett will Strategie für Bioökonomie beschließen

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Von Wolfgang Mulke

16. Jul. 2013 –

 

Bio liegt nicht mehr nur bei Lebensmitteln im Trend. Auch die Industrie entdeckt nach und nach Rohstoffe aus der Natur für sich und entwickelt daraus neue Produkte. „Derzeit wird sogar eine schusssichere Weste auf Biobasis entwickelt“, sagt Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Die Ministerin sieht gewaltige wirtschaftliche Möglichkeiten durch die mit der Verwendung natürlicher Stoffe verbundenen Technologien. Deshalb will die Bundesregierung heute eine Strategie beschließen, die zur Stärkung der Bioökonomie beitragen soll. „Wir müssen vom Öl wegkommen und lernen, stärker zu nutzen, was die Natur uns bietet“, erläutert Aigner.

 

Die schon bestehende Produktpalette lässt für die weitere Entwicklung einiges erahnen. Aus der bunt blühenden Lupine haben Freiburger Forscher ein Eiweiß gewonnen, das nun für die Herstellung eines Speiseeises verwendet wird. Der Handelsriese Edeka vermarktet das Eis. Es enthält weder Laktose noch Gluten, eignet sich daher für Allergiker. Zudem senkt es den Cholesterinspiegel. Und es hilft Veganern, die auf jedwede tierische Nahrung verzichten, die für eine ausgewogene Ernährung notwendigen Proteine aufzunehmen.

 

Die Natur hilft auch bei der Diebstahlsicherung. Die Deutsche Bahn kennzeichnet Schienen oder Kupferkabel mit künstlich erzeugten Moleküle mit unverwechselbaren Erbinformationen. Geklautes Material kann auf diese Weise identifiziert werden. Das Verfahren gibt es inzwischen auch für den privaten Gebrauch. Nach Angaben des Herstellers werden Diebe durch diese Kennzeichnung zumindest abgeschreckt. Dies hätten gemeinsam mit der Polizei durchgeführte Pilotprojekte gezeigt.

 

Unter Bioökonomie verstehen die Fachleute die Erzeugung und Nutzung aller nachwachsenden Ressourcen, also Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen und deren Produkte. Aus der Strategie der Bundesregierung, die dieser Zeitung vorliegt, geht eine erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung der Branche hervor. Jeder achte Arbeitsplatz in Deutschland hängt mit der Verwendung der Naturgaben zusammen. Die jährliche Wertschöpfung beziffert das Ministerium auf rund 165 Milliarden Euro. Den weitaus größten Anteil daran stellt allerdings noch die Ernährungswirtschaft, vom Bauern bis zum Handel. Nur vier Prozent der Umsätze werden mit anderen Produkten oder erlöst.

 

„Die Bioenergie ist ein Wachstumsmarkt, auf dem sich Deutschland jetzt schon im Spitzenfeld bewegt“, berichtet Aigner dem Bundeskabinett, das 17 strategische Ansätze zur weiteren Förderung beschließen will. Interessante Märkte sollen so erschlossen, die Entwicklung innovativer Produkte unterstützt, neue Wertschöpfungsketten aufgebaut und internationale Nachhaltigkeitsstandards eingeführt werden. Ein zentrales Problem bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen soll dabei gelöst werden. Denn die Produktion von Nahrungsmitteln und die von Pflanzen für eine anderweitige Verwendung konkurrieren in wachsendem Maße miteinander um die begrenzten Anbauflächen. „Die Ernährung und die Produktion von Lebensmitteln muss immer Vorrang haben“, lautet eine Leitlinie der Strategie.

 

Ob dieser Vorsatz auch eingehalten werden kann, muss sich erst noch erweisen. Denn es gibt inzwischen zahlreiche zusätzliche Einsatzmöglichkeiten für Pflanzen und Organismen. So fliegt die Lufthansa bereits testweise mit Biokerosin und Daimler Benz setzt Motorabdeckungen aus nachwachsenden Rohstoffen in der A-Klasse ein.

 

 

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