Banken retten und regulieren

Mit dem gigantischen Notpaket zur Stabilisierung des Bankensektors gibt die Bundesregierung ihre Zurückhaltung angesichts der Finanzkrise auf

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Von Hannes Koch

12. Okt. 2008 –

In den zurückliegenden Wochen seit Ausbruch der Finanzkrise wollte die Bundesregierung von gemeinsamem Handeln mit anderen Staaten nichts hören. In Berlin herrschte die Ansicht vor, Deutschland sei von den Turbulenzen an den Finanzmärkte eher am Rande betroffen, und eine nationale Antwort reiche aus.

 

Mit dem atemberaubenden Kurssturz auch an der Deutschen Börse in der vergangenen Woche hat sich diese Einstellung geändert: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück befürchten nun, dass auch die deutsche Ökonomie mit ganzer Gewalt in den Strudel hineingerissen werden könnte. Beim Gipfel der größten Wirtschaftsnationen (G7) am Freitag in Washington und beim europäischen Gipfel in Paris am Sonntag Abend einigte man sich deshalb auf koordinierte Maßnahmen.

 

Die Bundesregierung will nun auch einige Schritte gehen, die beispielsweise die britische Regierung schon unternommen hat. In Berliner Regierungskreisen hieß es am Sonntag, der Bund werde Banken Eigenkapital zur Verfügung stellen, falls sie dieses benötigen. Es ist von „zweistelligen Milliardenbeträgen“ die Rede, wobei diese, wenn sie einer Anzahl von Instituten zu gute kämen, wohl eher zwischen 50 und 100 Milliarden Euro liegen würden.

 

Eigenkapital ist für Banken und andere Unternehmen aus zwei Gründen wichtig. Erstens schafft es bei Kunden und Gläubigern Vertrauen, zweitens kann man darauf zurückgreifen, um kurzfristige Finanzierungsschwierigkeiten zu überbrücken. Unter anderem durch den Aktiencrash der vergangenen Woche ist die Eigenkapitalbasis der deutschen Banken empfindlich in Mitleidenschaft gezogen worden.

 

Als Gegenleistung für die Finanzspritze müssten die Banken dem Bund eine Beteiligung einräumen, hieß es in Regierungskreisen. Das könne auch bedeuten, dass der Staat Aktienanteile der Institute übernehme. Gegen den Begriff „Verstaatlichung“ setzt sich die Regierung allerdings zur Wehr. Davon könne man nicht reden, weil der Anteil des Staates mit wahrscheinlich wenigen Prozent Beteiligung viel zu gering sei, um in den Aufsichtsräten der Institute Einfluss auszuüben. Deshalb, so heißt es, werde der Bund auch nur „stimmrechtslose“ Aktien erwerben.

 

Trotzdem müssen sich die Manager darauf einstellen, dass sie künftig nicht mehr so frei schalten und walten können wie bisher. Die Kapitalhilfe des Staates werde, so ist zu hören, an Bedingungen geknüpft. Die Managergehälter sollten stärker reglementiert und beispielsweise millionenschwere Aktienoptionspakete und Abfindungen eingeschränkt werden.

 

Über die Unterstützung mit Eigenkapital hinaus will die Bundesregierung Bürgschaften „im dreistelligen Milliardenbereich“ übernehmen, ist in Kabinettskreisen zu hören. Die Garantien, die der Staat gewährleistet, sollen Kredite absichern, die die Banken sich untereinander geben. Der Markt für so genannte Interbankenkredite ist nahezu zusammengebrochen, weil die Institute einander nicht mehr trauen. Jede befürchtet, in den Bilanzen der Geschäftspartner könnten milliardenteure Risiken schlummern, die die Rückzahlung eines Kredites gefährden. Die Bürgschaften der Bundesregierung sollen die Refinanzierung der Banken wieder in Schwung bringen.

 

Die Summe des deutschen Rettungspaketes – eventuell 300 bis 400 Milliarden Euro – wäre damit vergleichsweise größer als die des entsprechenden US-Plans. Die Regierung Bush hatte unlängst 700 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt, etwa fünf Prozent der US-Wirtschaftsleistung. 300 Milliarden Euro entsprechen dagegen etwa 13 Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukt. Der Unterschied besteht freilich darin, dass die US-Regierung die Not-Milliarden direkt an die Banken auszahlen will, während die deutsche Bürgschaft nur im Extremfall fällig würde.

 

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, sowie die Volks- und Raiffeisenbanken warnten die Bundesregierung davor, die unterschiedlichen Sicherungssysteme, die die Einlagen der Sparer schützen, zusammenzulegen. Wenn etwa die Einlagensicherung der Sparkassen gleichzeitig für die Risiken der Deutschen Bank aufkommen müssten, bedeutete dies eine Verschlechterung für die Kunden der Sparkassen.

 

Schon heute soll das Kabinett das Rettungspaket beschließen. Die Bundesregierung strebt außerdem an, noch in dieser Woche ein Gesetz durch den Bundestag zu bringen, dass den Maßnahmen eine Rechtsgrundlage verschafft. Um das zu ermöglichen, müsste der Bundestag die Verkürzung der Beratungsfristen beschließen. Die Verabschiedung im Parlament soll ein Signal an die Bundesbürger und die Finanzmärkte senden: „Wir meinen es ernst“.

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