Bankenaufsicht oder Kosmetik?

Die Beschlüsse des G20-Gipfels zur Kontrolle der Finanzinstitute, Hedgefonds und Ratingagenturen sind gut. Ob tatsächlich eine schärfere Aufsicht ausgeübt wird, steht aber auf einem anderen Blatt

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Von Hannes Koch

03. Apr. 2009 –

Der Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer wollte in London globale Politik machen. Das war der Anspruch der Regierungschef, aber auch die Hoffnung vieler Menschen. Nun ist die Frage: Wurde tatsächlich Politik oder eher Simulation betrieben?


Die Beschlüsse des Gipfels zur schärfen Kontrolle von Banken und Investoren klingen gut, bis zur praktischen Umsetzung aber dürfte es in vielen Fällen ein sehr weiter Weg sein. Ein Beispiel: Das heutige Forum für Finanzstabilität, in dem nationale Bankenkontrolleure zusammenarbeiten, soll nach dem Willen der 20 Regierungen zum Kern einer internationalen Finanzmarktaufsicht ausgebaut werden. Künftig heißt die in Basel residierende Institution „Financial Stability Board“ (FSB). Sie bekommt die Aufgabe, sehr genau hinzusehen, wo sich an den Weltbörsen gefährliche Risiken auftürmen, die zu Krisen führen könnten. Schönheitsfehler: Eigene Sanktionsmöglichkeiten wird das FSB nicht bekommen. Das sollen weiterhin die nationalen Aufsichtsbehörden erledigen. Ob schließlich wirklich eine schärfere Aufsicht ausgeübt wird, weiß man nicht.


Neue Überwachungsgremium für transnational tätige Finanzinstitute sollen außerdem gegründet werden, hat der Gipfel beschlossen. Bank- und Versicherungsaufseher aus verschiedenen Staaten würden dann besser zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass die jeweilige Bank risikoreiche Geschäfte irgendwo im Ausland versteckt. Beispielsweise bei der Deutschen Bank, der Allianz AG und anderen europäischen Instituten existieren solche Gremien schon. Fraglich ist deshalb, ob der Gipfel-Beschluss für Europa überhaupt eine schärfere Aufsicht bedeutet.


Offen ist auch vieles bei den Hedgefonds. Die Regierungen haben in London zwar vereinbart, dass sich die „systemrelevanten Fonds“ registrieren und in die Bilanzen schauen lassen müssen. Jetzt aber startet erstmal die Debatte: Was ist ein „systemrelevanter“ Fonds? Wie groß oder klein darf er sein, welche Geschäfte tätigt er, um beaufsichtigt werden zu müssen? Heikle Fragen – die Antworten sollen folgen. Von ihnen wird es abhängen, ob die neue Kontrolle der Hedgefonds mehr sein wird als Kosmetik.


Ähnlich sieht es bei den Rating-Agenturen aus. Hier hat der Gipfel ebenfalls beschlossen, die Firmen künftig zu registrieren und zu beaufsichtigen. Denn Standard & Poor´s, Moody´s und weitere Rating-Agenturen haben zur Finanzkrise erheblich beigetragen: Die vermeintliche Qualität heute wertloser Papiere testierten sie in den vergangenen Boomjahren mit Bestnoten. Um den Grund dafür zu finden, muss man nicht allzulange forschen: Sie wurden von den Emittenten der Wertpapiere bezahlt. Mit derartigen Interessenkonflikten soll künftig Schluss sein. Die Europäische Kommission hat einen entsprechenden Vorschlag ins EU-Parlament eingebracht. Was am Ende dabei herauskommt, ist noch offen.


Politik oder Simulation? Die Regierungen scheinen die Absicht der Bankenregulierung ernst zu meinen, sie wollen etwas tun. Ob die schärfere Kontrolle der Finanzmärkte in die Tat umgesetzt wird, muss sich erst zeigen.

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