Bankenverband für schnelle Enteignung

Institute wollen faule Papiere beim Bund parken / Konjunkturprognosen immer pessimistischer

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Von Wolfgang Mulke

23. Mär. 2009 –

Auch der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hält eine Enteignung der Aktionäre der Hypo Real Estate (HRE) für unumgänglich. Grundsätzlich will der Verband die staatliche Übernahme von Unternehmen nur als letzte Möglichkeit akzeptieren, mit der Schaden von der Gesamtwirtschaft abgehalten werden kann. „Eine Lösung muss noch im April gefunden werden“, sagte BdB-Chef Klaus-Peter Müller am Montag in Berlin, „sonst fliegt uns einiges um die Ohren.“ Von allen Problemen am Finanzmarkt messen die Banken dem Krisenfall HRE derzeit die größte Bedeutung zu.

Die Branche steckt weiterhin in der Klemme. In den Depots der Institute lagern noch jede Menge Wertpapiere, für die es als Folge der Vertrauenskrise keinen Markt mehr gibt. In der Folge müssen die Banken immer höhere Werte abschreiben. Es droht ein Teufelskreis, weil dadurch das Eigenkapital schmilzt und mithin weniger Kredite vergeben werden dürfen. Deshalb will der BdB die betroffenen Wertpapiere auslagern und in einem so genannten Mobilisierungsfonds beim Bund für mehrere Jahre zwischenlagern. „Es geht nicht darum, alle Risiken einfach dem Steuerzahler aufzubürden“, versicherte Müller.

Die faulen Papiere sollen für einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren aus den Bankbilanzen herausgenommen werden. In dieser Zeitspanne wird sich zeigen, wie viel die Forderungen tatsächlich wert sind. Ob Verluste anfallen oder sogar Gewinne, ist derzeit völlig offen. Für die Dienste des Staates wollen die Banken auch etwas bezahlen. Alle in Zusammenhang mit den Transaktionen stehenden Kosten sowie eine Managementgebühr schweben dem Verband als Honorierung vor. Müller hofft, dass die Politik den Vorschlag in den nächsten Wochen aufgreifen wird.

Die Banken wollen verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Dazu gehört auch eine Reform des Vergütungssystems für Bankmanager. „Für hohe Verluste darf es keinen Bonus geben“, erläuterte Müller. Prämien müssten sich stärker am langfristigen Erfolg des Unternehmens orientieren. Auch die Anlageberatung wollen die Institute verbessern. Einen Finanz-TÜV für Geldanlagen lehnt der BdB jedoch ab. Eine solche Einrichtung müsste alle neuen Produkte bewerten und notfalls bei einer Fehleinschätzung haften, sagte Müller. Diese Aufgabe könne niemand bewältigen. Die Institute müssten vielmehr selbst dafür Sorge tragen, dass die Kunden entsprechend ihrer Wünsche und Bedürfnisse beraten werden.

Unterdessen werden die Finanzexperten bezüglich des weiteren Konjunkturverlaufs immer pessimistischer. Die Commerzbank hat ihre Wachstumsprognose deutlich gesenkt und erwartet nun ein Minus von bis zu sieben Prozent für die deutsche Wirtschaft. Das Essener Institut RWI geht zwar „nur“ von einem Rückgang um 4,3 Prozent aus, zeigt sich von der rasanten Abwärtsentwicklung jedoch überrascht.
 

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