Bedrohung für Journalisten von rechts

In einer Umfrage berichten zwei Drittel der Medienschaffenden, dass körperliche oder verbale Angriffe im vergangenen Jahr zugenommen hätten.

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Von Hannes Koch

01. Mär. 2017 –

Der Journalistenberuf wird härter und gefährlicher. Nicht nur für Korrespondenten wie Deniz Yücel, der in der Türkei verhaftet wurde. Auch in Deutschland berichten Pressevertreter von zunehmenden Anfeindungen – allerdings nicht durch den Staat, sondern aus der Bevölkerung. Zwei Drittel der befragten Journalisten sagten, dass körperliche Angriffe und hasserfüllte Äußerungen während der vergangenen zwölf Monate zugenommen hätten. Das ist das Ergebnis der Untersuchung „Publizieren wird zur Mutprobe“ des Instituts für interdisziplinäre Gewalt- und Konfliktforschung (IKG) der Universität Bielefeld.

Die IKG-Wissenschaftler Andreas Zick und Madlen Preuß stellten die Studie im Auftrag des Mediendienstes Integration am Mittwoch vor. Sie befragten 783 Mitglieder des Deutschen Journalistenverbandes und der Deutschen Journalistenunion. 42 Prozent der Medienschaffenden berichteten dabei, dass sie selbst Angriffe erlebt hätten, 26 Prozent mehrfach. Dabei seien sie überwiegend nicht als Individuen, sondern als Vertreter ihres Berufes attackiert worden, sagte Zick. Informationsarbeiter von überregionalen Medien wurden öfter zum Ziel von Anfeindungen als die Kollegen regionaler und lokaler Zeitungen und Sender.

Zu Auseinandersetzungen kam es vor allem dann, wenn es um Themen ging wie die Einwanderung von Flüchtlingen, den Islam, rechte Parteien und Gruppen wie die AfD und Pegida. Die neue Opposition von rechts, die schätzungsweise bis zu einem Viertel der Bevölkerung erreicht, denunziert Journalisten als „Lügenpresse“- oder „Systempresse“, weil viele Redakteure und Korrespondenten den rationalen Diskurs pflegen und ein liberales Weltbild vertreten.

Die Angriffe ereignen sich zum Teil, wenn Reporter und Kamerateams über Demonstrationen, Kundgebungen oder andere Ereignisse vor Ort berichten. Ein Drittel der Attacken erfolgte von Angesicht zu Angesicht, zwei Drittel kamen über elektronische Wege, per E-Mail oder als Nachrichten in sozialen Netzwerken.

Die Hälfte der befragten Journalisten fühlt sich durch Bedrohungen und Beleidigungen belastet, auch wenn sie diese nicht selbst erfahren. Die Auswirkungen reichen bis zu psychischen Problemen und Schlafstörungen. Für manche ziehen die Attacken auch berufliche Probleme nach sich: Bestimmte Recherchen und Termine können oder wollen sie dann nicht mehr übernehmen.

Ein offizielles Thema sind diese Schwierigkeiten in vielen Redaktionen bislang jedoch nicht. Das berichtete die Hälfte der befragten Medienarbeiter. Gleichwohl fühlten sich zwei Drittel von ihren Kollegen unterstützt. Erste Hilfe besteht meist darin, beleidigende Nachrichten aus der öffentlich sichtbaren Kommunikation zu entfernen. Manche Zeitungen und Sender haben inzwischen reagiert, indem sie Diskussionsveranstaltungen und Fortbildungen anboten. Nicht wenige Journalisten suchten auch den persönlichen Kontakt mit denen, die sie bedrohten und beschimpften.

Um ihrer Arbeit weiterhin nachgehen zu können, fordern viele Reporter eine bessere Risikoabschätzung seitens ihrer Arbeitgeber, mehr personelle Ressourcen und Unterstützung von Kollegen vor Ort, sowie effektiveren Schutz durch die Polizei.

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