Bei Lebensmitteln wird weiterhin viel gemogelt

Verbraucherbeschwerden über täuschend aufgemachte Nahrungsmittel halten an

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Von Wolfgang Mulke

18. Jul. 2013 –

Viele Hersteller von Lebensmitteln täuschen die Kunden weiterhin durch eine irreführende Aufmachung ihrer Produkte. Mehr als 7.300 Beschwerden darüber registrierte das Internetportal www.Lebensmittelklarheit.de seit der Einrichtung vor zwei Jahren. Rund 360 Produkte hat das Portal namentlich nach einer Prüfung und einer Stellungnahme des Herstellers veröffentlicht. Doch nicht einmal ein Drittel der Unternehmen hat auf die Beschwerden hin etwas geändert. „Verbrauchertäuschung ist kein Einzelfall“, kritisiert der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Gerd Billen und fordert schärfere Kennzeichnungsregelungen. Die Experten des Verbands betreuen das vom Verbraucherministerium finanzierte Portal.

 

Vor allem Bilder und Begriffe auf der Verpackung erwecken oft einen falschen Eindrück und verärgern die Verbraucher dadurch. „Heimische Früchte“, heißt es zum Beispiel auf einer Trinkflasche des Herstellers Müllermilch. Doch das Unternehmen gibt zu, dass die Säfte oder das Obst nach Marktlage auch anderswo beschafft werden. Ein Produkt von Knorr steht stellvertretend für das Problem, dass nicht drin ist, was der Aufmachung nach drin sein sollte. In diesem Fall geht es um „Kräuter & Gewürze pur“. Statt pur besteht der Inhalt aber nur zu elf Prozent aus Thymian, Rosmarin,Oregano und Basilikum. Wasser und Zucker sind die Hauptbestandteile der Kräutermischung.

 

Neben der Aufmachung beschweren sich die Kunden besonders häufig über eine unklare Kennzeichnung von Zusatzstoffen, Aromen und regionalen Produkten. Auch unrealistische Serviervorschläge sorgen für Kritik. Der vzbv begrüßt zwar die Reaktion einiger Unternehmen. Doch das reiche nicht, sagt Billen, „wir brauchen verbindliche Vorgaben für alle.“ Für Verbraucherministerin Ilse Aigner ist die Beschwerdestelle im Internet ein Erfolg. „Das Portal hat Verbrauchern eine Stimme gegeben“, sagt die Politikerin. Die Finanzierung sei deshalb bis Ende 2014 verlängert worden. Die Ministerin eine freiwillige Kennzeichnungsmöglichkeit für regionale Produkte an, sobald die laufenden Modellversuche für ein Regionalfenster auf den Verpackungen ausgewertet sein werden.

 

Doch Aigner muss sich auch viel Kritik gefallen lassen, weil sie keine gesetzliche Verschärfung der Kennzeichnungsregeln durchsetzen wollte. „Da hat sich nach wie vor nichts getan“, sagt Billen. Der vzbv fordert ein Ende des Versteckspiels bei den Zutaten. Auch bei Milchprodukten und alkoholischen Getränken müssten der Inhalt angegeben werden. Außerdem solle der Anteil der Zutaten, die auf der Verpackung zu sehen sind, auch auf der Vorderseite angegeben werden. Mängel sieht der Verband auch bei den Herkunftsangaben sowie der Werbung mit regionalen Produkten, dem Tierschutz oder Tradition.

 

Auch die Verbraucherorganisation Foodwatch ist mit dem Pranger für wenige Hundert Produkte angesichts eines Angebots von über 100.000 Lebensmitteln nicht zufrieden. „Die Aufgabe der Ministerin liegt darin, Verbraucher vor dem alltäglichen Schwindel zu schützen“, stellt der Werbeexperte der Organisation, Oliver Huizinga, fest. Foodwatch will durch weitere Pflichtangaben auf der Verpackung, größere Schriften oder Klagerechte bei Verstößen für mehr Ehrlichkeit im Handel sorgen.

 

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