Benzinpreise vor rasantem Preisanstieg?

Mehr als drei Euro pro Liter laut Studie schon im nächsten Jahrzehnt / Bahnen erwarten viele Umsteiger und deshalb Kapazitätsengpässe

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Von Wolfgang Mulke

17. Sep. 2009 –

Die Benzinpreise steigen im nächsten Jahrzehnt schneller in die Höhe als erwartet. „In zehn Jahren wird der Liter mindestens drei Euro kosten“, schätzt der Verkehrsexperte Heinrich Strößenreuther. 2024 könne die magische Grenze von fünf Euro erreicht werden. Basis der Prognose ist eine jährliche Steigerung des Ölpreises um zehn Prozent, die der Hamburger Bahn-Berater für wahrscheinlich hält. Dagegen geht das Bundesverkehrsministerium in seinen Annahmen von einem minimalen Zuwachs beim Ölpreis aus. Die Bundesregierung rechnet Ende des nächsten Jahrzehnts mit Kosten von bis zu 42 Dollar pro Barrel. Diese Prognose hält Strößenreuther angesichts der letzten Entwicklungen für überholt.

 

Sollte der Trend zum teuren Öl anhalten, hätte dies deutliche Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Deutschen zur Folge. Einer Umfrage der Firma Beraterfirma VI-Partner zufolge ist jeder fünfte Bürger wegen der hohen Benzinpreise häufiger auf die Bahn umgestiegen. Bei einem Literpreis von fünf Euro würde der Schienenverkehr noch mehr Fahrgäste hinzugewinnen. „Das Wachstum der Schiene wird sich in den nächsten Jahren dramatisch beschleunigen“, sagt der Chef des Verbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Grund dafür ist nicht nur der Ölpreis. Es findet auch ein kleiner Bewusstseinswandel statt. Junge Leute verzichten häufiger auf ein eigenes Auto und sind mit anderen Verkehrsmitteln unterwegs. Dies geht aus der letzten Mobilitätsstudie der Bundesregierung hervor.

 

Der Verband schlägt nun Alarm. „Weder die Bahnen noch die Politiker sind auf den Anstieg vorbereitet“, warnt Flege und fordert von der nächsten Bundesregierung einen Masterplan für den Personenverkehr und höhere Investitionen in das Bestandsnetz. Dem Bundesverkehrsministerium wirft die Allianz Ignoranz vor. Die Planungsgrundlagen der Beamten seien nicht nachvollziehbar und einseitig auf den Straßenverkehr hin ausgerichtet.

 

Die Bahnunternehmen glauben nicht, dass die wachsende Fahrgastzahl allein durch eine bessere Auslastung der Züge aufgefangen werden kann. Vielmehr müsse das Netz durchlässiger werden, damit mehr Waggons über die Schienen rollen können. Oft könnten schon kleine bauliche Veränderungen Engpässe beseitigen, erläutert der Chef von Keolis, Hans Leister, „das kann schon eine verlegtes Signal sein.“ Auch die Deutsche Bahn sieht die Problematik. Ein Wachstum der Beförderungsleistung um wenigstens 60 Prozent sei realistisch. Die Unternehmen wollen nun gemeinsam Druck auf Bund, Länder und Kommunen ausüben, damit es zu einer gemeinsamen Planung der Infrastruktur kommt. Denn sonst drohen den Kunden langfristig nicht nur überfüllte Züge, sondern auch kräftige Fahrpreissteigerungen aufgrund der großen Nachfrage.

 

 

 

 

 

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