Billiglöhne für Billighosen

Arbeiterinnen für Lidl, KiK und Aldi in Bangladesch: Trotz horrender Überstunden oft nicht genug Lohn

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Von Hannes Koch

10. Jan. 2012 –

Die Discount-Kette KiK lässt derzeit viel Werbung in deutschen Kinos laufen. Zufriedene Mitarbeiterinnen in roten Hemden betonen, dass sie „wirklich gerne“ für den Billig-Textilhändler arbeiten. Solch positive Botschaften stehen im Kontrast zu den neuesten Recherche-Ergebnissen der Kampagne für Saubere Kleidung. Organisatorin Gisela Burckhardt wirft KiK, sowie Aldi und Lidl vor, internationales Arbeitsrecht systematisch zu missachten.


Rechercheure der Kampagne haben in Bangladesch zehn Zulieferfabriken untersucht, in denen die deutschen Discount-Ketten Textilien nähen lassen. Oft müssten die Arbeiter dort zwischen 13 und 15 Stunden täglich arbeiten – sieben Tage pro Woche. Diese Arbeitszeiten und Überstunden sind weit mehr als die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) erlauben. Dabei liegt der Stundenlohn im Cent-Bereich und reicht oft nicht, um eine Familie zu ernähren.


Ende 2011 befragte das Untersuchungsteam 162 Arbeiter und Arbeiterinnen. Weniger als die Hälfte der Interviewten gab dabei an, überhaupt einen Arbeitsvertrag unterschrieben zu haben. Und nur ein kleiner Teil von ihnen hatte eine Kopie des Vertrages vom Unternehmen erhalten. Schon mit der Kenntnis der eigenen Rechte sieht es also schlecht aus, schlussfolgern die Kritiker.


So würden die Regelungen der ILO in den Fabriken regelmäßig gebrochen. Eigentlich seien pro Woche nur 48 reguläre Arbeitsstunden plus zwölf Überstunden erlaubt. Dagegen liegen die tatsächlichen Arbeitszeiten in den Zulieferfabriken oft drastisch darüber. Vier von zehn Betrieben verlangen zu viele Überstunden. In manchen Firmen gaben die Näherinnen an, bis zu 25 Überstunden pro Woche leisten zu müssen. Auch in diesen Betrieben ordern die deutschen Discounter unter anderem Shorts, Jeans, Cordhosen und Arbeitsbekleidung.


Teilweise werden die Arbeiterinnen zu den langen Arbeitszeiten gezwungen. Aber sie sind finanziell auch darauf angewiesen, weil die Löhne niedrig liegen. Nur mit Mühe erreichen die Beschäftigten umgerechnet 40 oder 50 Euro pro Monat. Von einem solchen Gehalt jedoch kann eine vierköpfige Familie nicht annähernd leben. Nötig wären 100 bis 200 Euro Monatsverdienst.


„Die Discounter sollen Schritte unternehmen, um die Zahlung eines existenzsichernden in ihren Zulieferfabriken zu realisieren“, fordert Burckhardt deshalb. Augenblicklich allerdings geschehe eher das Gegenteil: Der Preisdruck auf die Lieferanten reduziere den Spielraum für Lohnerhöhungen. In deutschen Geschäften bieten die Handelsketten T-Shirts und Hosen aus Bangladesch oft für wenige Euro an.


Weil diese Kritik seit Jahren anhält, haben Lidl und KiK inzwischen reagiert. Einige Zulieferfabriken bieten Schulungen für Mitarbeiter des Managements an, um die Sozialstandards und die Arbeitssicherheit zu erhöhen. Die Kampagne für Saubere Kleidung erkennt diese Maßnahmen an, fordert aber, dass sie keine Ausnahmen bleiben und auf die gesamte Zulieferkette ausgedehnt werden. Lidl-Sprecherin Petra Trabert erklärte, Verbesserungen seien „ein langfristiger Prozess“. Man werde sich weiter dafür engagieren. KiK und Aldi äußerten sich bis Redaktionsschluss nicht.


Von der Bundesregierung verlangt Gisela Burckhardt Regelungen, um die deutschen Unternehmen zur Offenlegung der Arbeitsbedingungen im Ausland zu verpflichten. Außerdem sei es notwendig, ein Klagerecht für Arbeiter der Zulieferfabriken vor deutschen Gerichten einzuführen.

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