Bioenergie ist nicht nur gut
Wissenschaftler sehen bei richtiger Nutzung große Chancen / Streit um Beimischung von Biosprit
03. Dez. 2008 –
Aus Holz, Pflanzen oder natürlichen Abfällen könnten mittelfristig zehn Prozent des Energiebedarfs der Welt gewonnen werden. Allerdings ist Bioenergie nicht zwangsläufig auch „gute“ Energie. Zu diesem Ergebnis kommt ein umfangreiches Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), das am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
„Es gibt gut und weniger gut geeignete Pflanzen“, sagte WBGU-Mitglied Jürgen Schmid. Gerade der in Deutschland verbreitete Anbau von Energiepflanzen wie Raps zur Produktion von Biokraftstoff trifft bei den Experten auf deutliche Kritik. Die Förderung von Biosprit lasse sich nicht rechtfertigen, heißt es im Gutachten. Das betrifft auch die Beimischung von Ökotreibstoff im Benzin. Stattdessen solle die Bundesregierung lieber auf die Förderung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen setzen. Bundesumweltminister Gabriel lehnt diesen Vorschlag rundweg ab. „Es geht nicht um Tank oder Teller“, konterte der SPD-Politiker. Biokraftstoffe der zweiten Generation, das sind aus pflanzlichen Abfällen gewonnene Treibstoffe, sind laut Gabriel durchaus fortschrittlich. Ohne die Weiterentwicklung werde die Innovationstätigkeit bei den erneuerbaren Energien gebremst. Deshalb will die Bundesregierung an der Förderung der Biokraftstoffe festhalten.
Die meisten Probleme sind ohnehin nur international lösbar. 90 Prozent des Bioenergieverbrauchs geht in vielen Entwicklungsländern auf das Heizen und Kochen mit Holz zurück. Allein das giftige Rauchgemisch in den Wohnungen ist Auslöser von rund 1,5 Millionen Todesfällen im Jahr. Mit besseren Herden oder Holzheizungen ließe sich der Energieverbrauch rasch und preiswert senken und die Lebensqualität in diesen Ländern schnell deutlich verbessern.
Die Wissenschaftler warnen auch vor einem allzu rücksichtslosen Ausbau der Bioenergien. „Die Ausschöpfung des Potenzials sollte nur vorangetrieben werden, wenn eine Gefährdung der Ernährungssicherheit sowie von Natur- und Klimaschutzzielen ausgeschlossen werden kann“, heißt es in der Studie. Die Konkurrenz zwischen Nahrungsmitteln und Energielandbau könne durch einen internationalen Landnutzungsplan erreicht werden. Davon sind Industrie- und Entwicklungsländer derzeit aber noch weit entfernt.