Bundesamt ruft 2,4 Millionen VW in die Werkstätten

Auf eine freiwillige Korrektur der Abgastechnik durch VW will sich das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nicht verlassen. Alle betroffenen Fahrzeuge müssen zurückgerufen werden. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

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Von Wolfgang Mulke

15. Okt. 2015 –

Warum greift die Behörde jetzt durch?

Volkswagen hat dem Amt vor einer Woche Vorschläge unterbreitet, wie das Unternehmen für die Einhaltung der Abgaswerte bei seinen Dieselmodellen vorgehen will. Der VW-Plan sah einen freiwilligen Austausch der manipulierten Software sowie die technische Nachrüstung bei manchen Modellen vor. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) besteht aber darauf, dass alle Fahrzeuge die gesetzlichen Normen einhalten und ordnete daher die Rückrufpflicht an. Es sei kein Anzeichen für ein Misstrauen, betont Verkehrsminister Alexander Dobrindt, "die Zusammenarbeit mit VW ist weiterhin ausgesprochen konstruktiv".

Müssen die Besitzer der betroffenen Modelle selbst aktiv werden?

Die VW-Kunden müssen sich erst einmal um nichts kümmern. Sie werden erst im kommenden Jahr von Volkswagen angeschrieben. Alles weitere hängt von einer Reihe noch ungeklärter Details der Rückrufaktion ab. Wie lange der Austausch der Software dauern und wann die gegebenenfalls notwendige Nachrüstung abgeschlossen sein wird, ist noch völlig offen.

Was geschieht mit den Fahrzeugen in der Werkstatt?

Der Autokonzern arbeitet noch an den Plänen für die Nachrüstung der rund 2,4 Millionen Fahrzeuge seiner Marken. Es gibt für die Motoren verschiedene Lösungsansätze. Bei den 2,0-Dieseln muss nach Erkenntnissen des KBA nur eine neue Software installiert werden. Dies reiche zur Erfüllung der Abgasnorm, sagte Dobrindt, der allerdings auch keine Erklärung dafür geben kann, warum VW diese nicht schon immer verwendet hat. Bei den Fahrzeugen mit einem 1,6-Liter-Diesel

ist es damit nicht getan. Hier müssen zusätzliche Teile eingebaut werden, um die Abgase entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu reinigen. Was mit den 1,2-Liter-Maschinen geschehen soll, hat VW noch nicht bekannt gegeben.

Was kostet die Rückrufaktion und wer bezahlt sie?

Die Gesamtkosten lassen sich derzeit noch nicht abschätzen. Sie hängen vom Aufwand der Nachrüstung ab. Die Installation einer neuen Software ist vergleichsweise kostengünstig. Teile auszuwechseln wird teurer, allein schon, weil die Fachkräfte länger dafür brauchen. Auch steht noch nicht fest, welche Betriebe mit der Ausführung betraut werden. Die Kosten übernimmt Volkswagen. So hat es das Unternehmen zumindest angekündigt.

Darf das Auto bis zur Nachrüstung wie üblich genutzt werden?

Es sind keine Einschränkungen beim Betrieb vorgesehen. Verkehrsminister Dobrindt verweist darauf, dass die Fahrzeuge verkehrssicher sind.

Bekomme ich während der Reparatur ein Ersatzfahrzeug?

Darüber ist derzeit noch nichts bekannt, da die Einzelheiten der Rückrufaktion noch nicht feststehen.

Kann ich meine Grüne Plakette verlieren?

Derzeit besteht diese Gefahr nicht. Undenkbar ist dies aber auch nicht, wenn sich herausstellt, dass die manipulierten Motoren weitaus mehr Abgase emittieren als in den Umweltzonen erlaubt ist. Das KBA geht davon jedoch nicht aus.

Droht Autobesitzern einen Steuernachzahlung oder müssen sie die eventuell eingestrichene Abwrackprämie zurückgegen?

Beides ist nach derzeitigen Äußerungen der Bundesregierung nicht geplant. Wenn es Sanktionen für die Manipulation der Abgaswerte gibt, werden sie allein den Hersteller treffen.

Wie stelle ich fest, ob mein Fahrzeug betroffen ist?

Im Internet können sich VW Kunden auf der Internetseite info.volkswagen.de darüber informieren, ob ihr Modell zu denen gehört, deren Software manipuliert wurde und die deshalb von der Rückrufaktion betroffen sind. Dazu muss nur die Fahrzeug-Identifizierungsnummer eingegeben werden, die sich im Service-Handbuch sowie im unteren Bereich der Windschutzscheibe findet. Ähnliche Seiten haben die Konzern-Marken Seat, Skoda und Audi eingerichtet.

Von welchen Modellen und Baujahren ist die Rede?

Es geht um Drei- und Vierzylinder Turbodiesel mit Direkteinspritzung aus den Jahren 2008 bis 2014 und der Norm Euro 5. Betroffen sind verschiedene Modelle der gesamten Markenfamilie, als auch von Audi, Seat und Skoda.

Muss ich auf den Rückruf reagieren?

Das KBA hat eine Nachrüstungspflicht angeordnet. Das bedeutet, dass jeder Halter eines betroffenen Modells dem Ruf in die Werkstatt Folge leisten muss. Es ist auch im Eigeninteresse der Eigentümer. Denn der Wiederverkaufswert nicht nachgerüsteter Fahrzeuge dürfte stark sinken.

 

Könnte anderen Herstellern eine ähnliche Rückrufaktion auferlegt werden?

 

Es könnte bald weitere Paukenschläge in der Branche geben. Denn das Kraftfahrt-Bundesamt schickt derzeit die Dieselmodelle von VW und auch den anderen Herstellern auf den Prüfstand, um die tatsächlichen Abgaswerte zu ermitteln. Dabei misst die Behörde die Emissionen diesmal nicht nur im Labor, sondern auch unter realistischen Bedingungen im Straßenverkehr. Wann die Ergebnisse vorliegen und bekannt gegeben werden, ist nach Angaben Dobrindts derzeit noch offen. Die Prüfungen würden noch eine Weile dauern, sagt der Minister. Die Ergebnisse will die Bundesregierung aber veröffentlichen.

 

Steht die Dieseltechnik nun vor dem Aus?

Der Skandal wird aus verschiedenen Gründen nichts am Einsatz von Dieselmotoren ändern, auch wenn die Technologie gerade einen Vertrauensverlust erfährt. Wirtschaftlich sind Diesel aus deutscher Sicht höchst interessant, weil die heimischen Autohersteller technologisch führend sind und nach Angaben von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel 70.000 Arbeitsplätze damit verbunden sind. Auch ökologisch schneiden Dieselfahrzeuge gar nicht schlecht ab, weil diese Motoren effizienter betrieben werden, daher weniger verbrauchen und CO2 ausstoßen. Solange die Elektromobile nicht in nennenswerter Zahl auf die Straße kommen, wird Diesel unverzichtbar bleiben. Allerdings könnte es auch zu Einschränkungen bei der Nutzung kommen, weil die Luftbelastung in den Ballungsgebieten vielfach zu hoch ist.

 

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