Bundesregierung kauft Einfluss in Asien

Deutschland beteiligt sich an staatlicher Investitionsbank unter chinesischer Leitung in Peking. Gegengewicht zur US-dominierten Weltbank-Gruppe

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Von Hannes Koch

10. Jun. 2015 –

Diese Entscheidung markiert eine Verschiebung der globalen ökonomischen Gewichte. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, dass Deutschland sich an der von China initiierten Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank (AIIB) beteiligt. Das von mehreren Dutzend Staaten getragene Institut mit Hauptsitz in Peking soll unter anderem Netze für Verkehr, Daten, Strom- und Wasserversorgung in Asien finanzieren.

 

Die Mitglieder, darunter auch Großbritannien, Frankreich und Italien, reagieren darauf, dass der asiatische Wirtschaftsraum mit China und Indien inzwischen eine viel größere Rolle spielt als früher. Die USA, Kanada und Japan beteiligen sich vorläufig nicht. Aus der US-Regierung und dem Kongress war in den vergangenen Monaten Kritik an der Mitwirkung der Europäer zu hören. US-Außenminister John Kerry unterstützt die Bank-Gründung mittlerweile jedoch.

 

Die Bundesregierung will zunächst einen Anteil von 4,1 Prozent an dem neuen Institut übernehmen. Dafür muss sie ab 2016 rund 800 Millionen Euro einzahlen. Das Kapital der Bank soll insgesamt 100 Milliarden Dollar (etwa 90 Milliarden Euro) betragen. Den größten Anteil wird China halten. Dann folgen Indien und Russland. Deutschland steht an vierter Position. Mit dem Stammkapital als Sicherheit soll die Bank Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen und Anleihen herausgeben können. Die Mittel dienen dazu, große Projekte zum Bau neuer Infrastrukturen zu finanzieren.

 

Indem sie sich beteiligt, kauft die Bundesregierung Einfluss auf Investitionsentscheidungen. Denn auch deutsche Unternehmen wollen vom Bau der Bahn-, Daten- und Versorgungsnetze in Asien profitieren. Das deutsche Kapital will sich die Bundesregierung auf die Summe der staatlichen Entwicklungshilfe anrechnen. Bei ihrem G7-Gipfel haben die westlichen Industrienationen gerade bekräftigt, mehr Hilfsgelder für Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen.

 

Die AIIB wird ein regionales Gegengewicht zur Weltbank-Gruppe mit Sitz in Washington bilden, in der die USA den größten Stimmenanteil halten. Diese Entwicklungsbank wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet und reflektiert die ökonomischen Machtverhältnisse zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

 

„Man kann die Gründung der AIIB als Signal für das Ende der US-Hegemonie im internationalen System der Entwicklungsbanken interpretieren“, sagt Peter Wolff vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. „Man kann diese Bankengründung allerdings auch als einen Schritt zur Normalisierung verstehen, nämlich hin zu einer stärkeren Regionalisierung der Entwicklungsfinanzierung.“

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