Das ewige Öl

Kommentar zu Ölpreis und Klima von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

10. Nov. 2015 –

Der niedrige Ölpreis ist ein Konjunkturprogramm. Die Bürger sparen Benzin-, Heiz- und Warmwasserkosten. Zumindest einen Teil des Geldes geben sie für andere Konsumgüter aus, auf die sie sonst verzichtet hätten. Individuell mag man das begrüßen. Für die Energiewende und den Schutz des Weltklimas aber ist diese Entwicklung problematisch.

 

Denn billiges Benzin wirkt als Anreiz, mehr Auto zu fahren, wodurch der Kohlendioxidausstoß steigt. Angesichts des preisgünstigen Treibstoffs haben die ohnehin teuren Elektroautos geringere Marktchancen. Die Wärmedämmung von Gebäuden rechnet sich ebenfalls schlechter. Weil die Preise für die fossilen Energieträger Erdöl, Gas und Kohle insgesamt beträchtlich unter ihren Höchstständen liegen, könnte sich der Ausbau der erneuerbaren Energien verlangsamen.

 

Die alte Hoffnung, das fossile System sterbe wegen unerschwinglicher Preisen quasi ab, erfüllt sich offenbar nicht – jedenfalls nicht so schnell. Selbst wenn der Ölpreis, wie die Internationale Energieagentur annimmt, von heute 44 Dollar pro Fass bis 2020 wieder auf 80 Dollar stiege, läge er noch weit unter dem 2008-Rekord von fast 150 Dollar. So zeigen sich die fossilen Energien robuster und anpassungsfähiger, als man dachte. Beispielsweise die moderne Fördermethode des Öl- und Gas-Frackings führt dazu, dass neue Vorkommen erschlossen werden und der Preis selbst bei hoher Nachfrage nicht ins Unermessliche steigt.

 

Wenn aber die Peitsche des hohen Preises nicht wirkt, es also an wirtschaftlichem Anreiz für Klimaschutz mangelt, wird klar, um was geht: Der Schutz der Erdatmosphäre ist eine Frage des gesellschaftlichen Willens. Um die Erde nicht gefährlich aufzuheizen, bedarf es politischer Entscheidungen. Auf die wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile kann man hoffen, rechnen sollte man mit ihnen jedoch nicht. So müssen die Politiker bei der Weltklimakonferenz in Paris Ende November Verantwortung beweisen, auch wenn diese ökonomisch nicht immer opportun sein mag. Vielleicht rechnen sich Maßnahmen wie die Abschaltung von Kohlekraftwerken und die Förderung von Elekroautos einstweilen nicht – nötig sind sie gleichwohl.

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