Das Geheimnis der Himbeere
Haribo gönnt sich zum Geburtstag der Mix-Tüte Color-Rado eine Umfrage zum Naschverhalten der Deutschen
17. Nov. 2023 –
Fast täglich erscheinen kuriose Umfragen. Zur Duschdauer oder zur Aufstehzeit der Deutschen zum Beispiel. Vieles will niemand wirklich wissen, es unterhält aber. Manches beeinflusst die Politik: Sachsen-Anhalt entwickelte einen Werbeslogan aus der Aufstehumfrage. Und jetzt kommt Haribo. Die Firma hat sich zum 60. Geburtstag von Color-Rado eine exklusive und repräsentative Umfrage gegönnt. Wer mag was aus der großen Mix-Tüte, die es in dieser Form nur in Deutschland gibt? Sauber sortiert nach Bundesländern und mit interessanten Parallelen zu regionalen Befindlichkeiten.
Reine Werbung? Nun ja. Praktisch jeder Deutsche kennt das Produkt in der roten Tüte, kann etwas dazu sagen. Für Small Talk bei der Fortbildung taugt es genauso wie für einen Plausch im Fitnessstudio. Ganz abgesehen von einem tiefgreifenden Gespräch im ICE, wenn der Zug mal wieder irgendwo auf freier Strecke wartet. Zum Beispiel darüber, was absolut überflüssig in der Tüte ist. Ein bisschen (umfragegestütztes) Wissen kann da helfen.
Haribo hat das Produkt 1963 erfunden. Geplant war es als Werkschau. Alles, was das Unternehmen so herstellte, sollte rein in die Tüte. Inzwischen gibt es deutlich mehr Produkte als jene 40 verschiedenen Teile, die da im Bonner Werk zusammengemischt werden. Der Mix im Beutel ist Zufall – und verschafft dem Kundenservice Arbeit. Denn dort beschweren sich die Fans, die ihre Lieblingssorte, etwa gelbe Frösche, nicht in ausreichendem Maße finden.
Doch jetzt zum wirklich Wichtigen: Wer isst eigentlich diese furchtbaren Kokosstücke mit Lakritz? Und warum gibt es das kleine Obst aus Fruchtgummi nur in diesen Tüten und nicht sortenrein extra zu kaufen? Die zweite Frage ist einfach zu beantworten: Weil Haribo sie nur für den Mix herstellt und das nicht ändern will. Und auch die kleinen Vampire aus Lakritz und Fruchtgummi sind als extra Kaufanreiz gedacht. Was die Kokosstücke betrifft, ist die Antwort dank der Umfrage endlich klar: Bayern. Konfekt Kokos eckig, wie es offiziell im Firmenjargon heißt, ist dort die Lieblingssorte. Wie die Politik des Bundeslandes ist auch die erste Wahl aus der Haribo-Tüte ein Alleinstellungsmerkmal.
Sonst ist die Himbeere klarer Favorit. In neun von 16 Bundesländern wird sie zuerst gegessen. In Bremen und Hamburg etwa, in Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Allerdings bleibt sie in neun von 16 Bundesländern auch bis zuletzt in der Tüte. Bremen ist da besonders extrem: 25 Prozent der Befragten greifen sofort zum zuckrigen Obstnachbau mit Gelee, bei 19 Prozent käme er am besten gar nicht in die Tüte. Eine Tauschbörse könnte sich hier vielleicht lohnen.
Ebenfalls beliebt in einigen Bundesländern: Konfekt Schoko eckig. Etwa in Thüringen und Baden-Württemberg. Letztere können sich auch mit der Himbeere nicht anfreunden. Und in Bayern liegt Lakritz bis zuletzt in der Tüte. Dabei würde die Himbeere ohne Lakritz nicht so würzig schmecken. Jedenfalls behaupten das die Spezialisten des Familienunternehmens. Die Mischung macht’s offenbar.
Was die Umfrage auch ergab: Die Mehrheit der Fans im Osten breitet gern den Tüteninhalt auf dem Tisch aus, bevor er gegessen wird. Vermutlich wird auch genau sortiert. Im Südwesten dagegen muss es effizienter sein. Dort reicht ein Griff in die Tüte. Der Norden und Nordrhein-Westfalen sind da konservativer und holen vor dem Naschen lieber die Porzellanschale raus.
Auffällig: Die Schleswig-Holsteiner, die im Glücksatlas 2023 wie schon in den Vorjahren auf Platz 1 liegen sind Himbeer-Fans. Gibt es da vielleicht einen Zusammenhang? Die Ergebnisse für Mecklenburg-Vorpommern zeigen: nein. Die Einwohner, laut Umfrage die erneut unglücklichsten in Deutschland, lieben auch Himbeeren. Im gleichen Maße allerdings bleibt die Frucht bis zuletzt in der Tüte.
Und das ehemalige Land der Frühaufsteher? Sachsen-Anhalt liebt den hellroten Goldbären und kann sich eher nicht für rote Vampire begeistern. Beide Ergebnisse der Haribo-Umfrage sind einzigartig. Ob das allerdings mit dem Slogan #moderndenken zu tun hat, mit dem das Land wirbt, oder mit Geschmacksverirrung, wäre ein Thema für den nächsten ICE-Stillstand kurz hinter Halle.