Der Flop-Arbeitgeber

Kommentar

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Von Wolfgang Mulke

09. Aug. 2013 –

Der selbst ernannte Top-Arbeitgeber Bahn liefert eine blamable Vorstellung ab. Wegen fehlender Spezialisten in den Stellwerken wird eine ganze Region zeitweilig von beträchtlichen Einschränkungen im Zugverkehr geplagt. Eine Entschuldigung des zuständigen Netzchefs klingt für die betroffenen Fahrgäste wie Hohn. Es ähnelt der Standardbitte um „Verständnis“ bei anderen Missgeschicken wie Verspätungen. Davon bringen die Kunden aber zurecht immer weniger auf. Insbesondere im Regionalverkehr haben viele von ihnen den Eindruck, dies sei gegenüber dem höchst einträglichen Hochgeschwindigkeitsnetz eine Bahn zweiter Klasse. Dieser Verdacht drängt sich auf, auch wenn die Bahn dies bestreitet.

 

Ein großes Versäumnis liegt in der Vergangenheit. Viele Jahre hat der Konzern Personalpläne zusammengestrichen, wo immer es ging. Jetzt erhält das Unternehmen die Quittung für den Jobabbau. Zwar wurden die Weichen umgestellt. Früher wurde saniert, heute wird rekrutiert, wie es der Personalvorstand nennt. Doch offenkundig geht das nicht schnell genug. Hier liegt das zweite Versagen. Wie können ein paar Urlauber und Kranke zu einer Gefahr für Teile des Schienennetzes werden? Es muss ja nicht jeder Posten doppelt und dreifach besetzt sein. Aber eine Sicherheitsreserve durch die Ausbildung der Stellwerker für mehrere Einsatzorte kann man als Selbstverständlichkeit ansehen. Statt dessen behilft sich die Bahn mit Sonderschichten und Überstunden für das überlastete Personal. Top-Arbeitgeber wird man so nicht, eher Flop-Arbeitgeber.

 

Erklärungsbedarf gibt es auch bei weiteren Fragen. Bedroht der Personalengpass zum Beispiel in anderen Regionen den reibungslosen Ablauf? Und wer wusste von den Risiken und unterließ es, dagegen anzugehen? Der Betriebsrat hat regelmäßig auf die Missstände hingewiesen, ohne eine Reaktion des Managements der Netzgesellschaft. Da stellt sich automatisch die Frage nach der Verantwortung für das Desaster in Mainz. Bahnchef Rüdiger Grube sollte sie nicht nur gegenüber dem Verkehrsminister sondern auch gegenüber der Öffentlichkeit beantworten. Sonst verspielt das Unternehmen jenes Vertrauen, dass es gerade mühevoll herstellen will.

 

Zudem liefern Pannen wie diese den Befürwortern einer Trennung von Netz und Betrieb der Bahn weitere Argumente. Das Netz gehört dem Steuerzahler. Wenn es nicht in dessen Sinn bewirtschaftet wird, ist der Verwalter vielleicht nicht der richtige, weil ihm andere Interessen mehr am Herzen liegen.

 

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