• Betriebsseelsorger Erwin Helmer, Foto: privat

„Der freie Sonntag bietet Schutz“

Betriebsseelsorger Erwin Helmer wehrt sich gegen Ladenöffnung.

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Von Hannes Koch

01. Mär. 2019 –

Hannes Koch: Am ersten März-Wochenende findet der „internationale Tag des freien Sonntags“ statt. Sie fordern, dass nicht gearbeitet wird, außer in unbedingt nötigen Diensten wie Feuerwehr, Krankenhäuser, Polizei. Ist das nicht ein bisschen altmodisch?

Erwin Helmer: Es ist hochmodern. Denn zahlreiche Menschen finden, dass die Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft niemandem nützt. Viele werden krank, weil sie immer im Dienst, immer erreichbar sein müssen. Da hat der freie Sonntag eine Schutzfunktion.

Koch: Millionen Leute arbeiten auch am Wochenende - in Kiosken, Tankstellen, Restaurants, Kinos, Bahnhöfen, Flughäfen. Will die „Europäische Sonntagsallianz“, der Sie angehören, das alles rückgängig machen?

Helmer: Keinesfalls. Wir haben nichts gegen notwendige Arbeiten am siebten Tag – und danken den Beschäftigten ausdrücklich, dass sie diese Tätigkeiten für uns erbringen. Was wir aber ablehnen, sind die ständigen Versuche, die Sonntagsarbeit auszuweiten.

Koch: Beispielsweise in Augsburg konnten Sie juristisch verhindern, dass die Geschäfte an zusätzlichen Sonntagen öffnen. Haben Sie weitere Erfolge zu verzeichnen?

Helmer: Seit 2016 konnten wir als Sonntagsallianz vor bundesdeutschen Gerichten mehr als 140 Klagen gewinnen. Stadtverwaltungen wollten zusätzliche verkaufsoffene Sonntage ermöglichen. Aber nicht mit uns.

Koch: Im Großen und Ganzen läuft die Entwicklung jedoch gegen Sie. Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten 2016 gut 13 Prozent der Arbeitnehmer regelmäßig sonntags. Anfang der 1990er Jahre waren es erst gut acht Prozent.

Helmer: Das ist ja genau unser Kritikpunkt – die schleichende Aushöhlung des Sonntagsrechts. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht 2009 entschieden, dass rein wirtschaftliche Gründe nicht ausreichen, um Sonntagsarbeit anzusetzen.

Koch: Wegen ihrer langen Arbeitszeiten an Wochentagen haben viele Beschäftigte echte Probleme einzukaufen - besonders im überwiegend katholischen Süddeutschland, wo die Geschäfte abends und samstags recht früh schließen. Ist Feiertagsarbeit nicht einfach ein Ausdruck moderner Bedürfnisse?

Helmer: Bei Schichtarbeit etwa kann es tatsächlich zu Engpässen kommen. Aber soll man deshalb die Ladenöffnungszeiten immer weiter ausdehnen? In Bayern dürfen die Geschäfte während der Woche schon bis 20.00 Uhr verkaufen. Danach kann man sich Lebensmittel nach Hause liefern lassen oder mal zur Tankstelle fahren, wo es ebenfalls ein gewisses Angebot gibt. Bei uns verhungert doch niemand, weil die Läden geschlossen sind.

Koch: Wieso haben Sie den 3. März zum Tag des freien Sonntags erkoren?

Helmer: Weil an diesem Datum im Jahre 321 der römische Kaiser Konstantin sein Edikt veröffentlichte. „Alle Richter, alle Bewohner der Städte und die Gewerbetreibenden sollen am verehrungswürdigen Tag der Sonne ruhen.“ Seitdem existiert der staatliche Sonntagsschutz. Dieses Jahr allerdings verzichten wir auf Straßenaktionen. Es ist der Faschingssonntag. Aber in einigen Gottesdiensten wird wohl die gereimte Predigt verlesen, die ich verfasst habe.

 

Erwin Helmer (66) ist Theologe, Diakon und katholischer Betriebsseelsorger. Er betreut vor allem Arbeitnehmer. Zusammen mit der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), evangelischen Arbeitnehmern und der Gewerkschaft Verdi hat er die Sonntagsallianz in Deutschland gegründet. Der Verbund setzt sich dafür ein, dass die Feiertagsruhe am Wochenende nicht weiter durchlöchert wird.

www.allianz-fuer-den-freien-sonntag.de

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