Der Honigrebell scheitert

Karl-Heinz Bablok wollte seine Bienen vor Genmais schützen. Doch er verliert vor Gericht

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Von Hanna Gersmann

25. Okt. 2013 –

Er hat einmal geschlafen. Sich ein wenig gesammelt. Am Tag danach geht es für Karl-Heinz Bablok weiter. Bablok ist 57 Jahre, Schwabe, Herr über 20 Bienenvölker und ein Kämpfer. Er hat sich angelegt mit kraftstrotzenden Gegnern, mit dem Freistaat Bayern und dem US-Gentechnikkonzern Monsanto, damit sein Honig rein bleibt. So zog er bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und forderte, Imker besser vor Gen-Pollen zu schützen. Mit der Wendung vom Donnerstag Abend hat er nicht gerechnet.

 

Da erklärten die Richter vom Bundesverwaltungsgericht - die letzte Instanz - Babloks Klage für unzulässig. Da in Deutschland derzeit kein Genmais angebaut werde, könne auch kein Schutz geltend gemacht werden. Tatsächlich hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau der Genmaissorte Mon 810 im Jahre 2009 verboten. Andere zugelassene Sorten gibt es nicht. Die Imker fürchten aber, das Anbauverbot könne wieder aufgehoben werden. Bablok sagt, die Richter hätten sich aus der „Verantwortung gestohlen“ - und gegen Verbraucher und Imker gestellt.

 

Der Hobbyimker aus dem bayerischen Kaisheim im Landkreis Donau-Ries hat seine Erfahrungen gemacht, teure Erfahrungen.

 

Seine Geschichte beginnt 2005. Bablok lässt seinen Honig in einem unabhängigen Labor auf Gentechnik untersuchen. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft baut auf dem staatlichen Versuchsgut Neuhof Genmais der Sorte Mon 810 an, nur wenige hunderte Meter entfernt von Babloks Bienenvölkern. Er sorgt sich. Prompt werden die Tester werden fündig. 2007 zieht Bablok dann erstmals vor Gericht.

 

Er könne seinen Honig nicht mehr verkaufen, wenn er Spuren von Genmais enthält, urteilt das Augsburger Verwaltungsgericht. Bablok karrt die Ernte eines Jahres, 340 Kilo Honig, zur Müllverbrennungsanlage, seinen Verdienstausfall beziffert er mit 11.000 Euro. 2011 bestätigt auch der Europäische Gerichtshof die Augsburger Richter.Bislang ist der Mais des US-Agrarkonzerns Monsanto nur als Tierfutter zugelassen, als Lebensmittel nicht.

 

Mit seiner Forderung, dass der Freistaat Maßnahmen ergreifen und ihn vor dem Genmais schützen muss, unterliegt Bablok trotzdem vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht. Er legt mit vier Kollegen zusammen in Leipzig Revision ein.

 

Die Fünf werden unterstützt vom Bündnis zum Schutz der Bienen vor agro-Gentechnik, dem Imkerverbände sowie Ökolandbauverbände wie Bioland angehören. Schließlich ist das Hin und Her durch die Instanzen kostspielig, 200.000 Euro sind bisher veranschlagt. Die Imker haben Spenden gesammelt und einen „Schutzhonig“ erfunden – ein 30-Gramm-Glas für 25 Euro. 158.000 Euro haben sie zusammen. Offenbar kommt ihr Anliegen bei den Bürgern an.

 

Die Imker warnen schon seit langem, dass es mit dem Honig nicht zum Besten steht. Erst machten den Bienen Ackergifte zu schaffen, dann Milben. Mit den Genpflanzen kommt für sie das nächste Problem. Eine Gefährdung der Gesundheit des Verbrauchers ist nicht nachgewiesen. Es gehe um anderes, sagt der Vorsitzende des Bündnisses, Thomas Radetzki: „um die Intensivierung der Landwirtschaft und die Zerstörung der Artenvielfalt“. Auf großen eintönigen Maisäckern finden seine Bienen kaum Nahrung.

 

Und nun? Nach dem deutschen Gentechnikgesetz haben die Imker im Grunde schon einen Anspruch auf Schutz. Die Richter in Bayern hielten aber eine „Interessenabwägung im konkreten Einzelfall“ für erforderlich. Und sie erklärten, dass schon Sicherheitsabstände von mehr als anderthalb Kilometern zwischen Bienenstöcken und Genfeldern die Grüne Gentechnik in unangemessener Weise behinderten.

 

Die Imker hatten gehofft, die Richter in Leipzig würden sich nun zu Abständen und Schutzmaßnahmen wie dem Spannen bienendichter Netz über Genfeldern äußern. Sie taten es nicht. Falls der Genmais Mon 810 künftig wieder angebaut werde dürfe, sagten sie stattdessen, sei zugleich eine Zulassung der Gen-Pollen als Lebensmittel zu erwarten. Heißt: Honig mit Genpollen wäre verkäuflich.

 

Von einer „Lücke im derzeitigen Recht“, sprach Heike Moldenhauer, die Gentechnik-Expertin des Umweltverbandes BUND. Die neue Regierung müsse einen besseren Schutz für Imker, Bienen und Honig verankern. Und was sagt Bablok am Tag nach dem Urteil? „Wir kämpfen weiter!“

 

Info-Kästen

Honig

Im Schnitt isst jeder Deutsche ein Kilo Honig pro Jahr. 20 Prozent des Honigs kommen aus Deutschland, der Rest wird importiert. In einem Kilo Honig steckt viel Arbeit. Die Bienen sammeln dafür den Nektar von mehreren Millionen Blüten. Dabei legen sie eine Flugstrecke von mindestens 240.000 Kilometern zurück - sechsmal um die Erde. Mit ihrer Bestäubung sorgen sie für satte Obst- und Gemüseernten. Bienen gelten denn auch als die drittwichtigsten Nutztiere des Menschen, nach Rind und Schwein.

 

Mon 810

Der umstrittene Mais Mon810 des US-Konzerns Monsanto ist gentechnisch so verändert, dass er ein Gift gegen dem gefräßigen Maiszünsler produziert. Umweltschützer warnen, dass auch andere Insekten und Schmetterlinge zu schaden kommen.

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