Der Staat hält dicht

Verbraucherinformationsgesetz ist wirkungslos / Selbst Wissen über Gesundheitsgefahren wird nicht herausgerückt / Foodwatch fordert bessere Regelungen

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Von Wolfgang Mulke

08. Dez. 2008 –

Die Behörden halten Informationen über Gammelfleischfirmen oder verunreinigte Lebkuchenherzen weitgehend zurück. Diesen Vorwurf äußert die Verbraucherorganisation Foodwatch. Dabei sollte das im Mai in Kraft getretene Verbraucherinformationsgesetz (VIG) eigentlich dafür sorgen, dass Ross und Reiter bei Lebensmittelskandalen genannt werden dürfen. Foodwatch hat nach eigenen Angaben 29 Anfragen an verschiedene Ämter gerichtet. Das Ergebnis war ernüchternd. „Die schwarzen Schafe wurden fast nie benannt, gesetzliche Fristen massiv überschritten und in einigen Fällen Gebühren von mehr als 1000 Euro festgesetzt“, kritisierte die Kampagnenleiterin der Organisation, Cornelia Ziehm, am Freitag in Berlin.

 

Selbst bedenkliche Kenntnisse rücken die Beamten erst nach Monaten heraus. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bildet keine Ausnahme. Vor zwei Monaten fragten die Kritiker dort nach den von den Kontrollämtern gemessenen Acrylamidwerten in Spekulatius, Lebkuchen oder Kartoffelchips. Der Stoff gilt als krebserregend. Auf die Nennung von Herstellernamen wartet Footwatch bisher vergebens. Frühestens im Januar will das BVL Firmen angeben, die derzeit dazu befragt werden. Dann ist die Lebkuchensaison bereits beendet.

 

Auch bei Meldungen an das europäische Schnellwarnsystem für problematische Lebensmittel gibt sich das BVL zugeknöpft. Obwohl Warnmeldungen zu Salmonellen in Kalbfleischprodukten, Gammelkäse und Risikomaterial vom Rind vorlagen, hat das Amt bis heute eine im Sommer beantragte Auskunft nicht erteilt. Das Amt bestätigt dies. Es handele sich um ein behördeninternes Informationssystem. Derzeit werde geklärt, inwieweit die vorhandenen Kenntnisse den Verbraucher zugänglich gemacht werden. „Vor diesem Hintergrund sind bisher keine Daten aus dem Schnellwarnsystem weiter gegeben worden“, teilte eine BVL-Sprecherin mit.

 

Manche Behörden langen bei den Gebühren für die Informationenkräftig zu. In einigen Bescheiden wurden mehr als 1000 Euro verlangt. Foodwatch-Chef Thilo Bode hält das VIG daher für wirkungslos. „Man hat nur mehr Bürokratie geschaffen, nicht mehr Transparenz“, kritisierte Bode. Denn bevor die Ämter Firmennamen nennen, fragen sich bei den betroffenen Unternehmen nach. Die Betriebe können mit dem Hinweis auf Geschäftsgeheimnisse ohne Begründung Auskünfte verweigern. Außerdem sind die Behörden nicht verpflichtet, Sünder auch öffentlich zu nennen. Erst 2010 will die Bundesregierung das Gesetz überprüfen und gegebenenfalls verbessern.

 

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