Der Untergrund bewegt sich
Kommentar zur Vermögensverteilung von Hannes Koch
11. Feb. 2015 –
In der Steuerpolitik tut die gegenwärtige Bundesregierung nichts. Dass dies ein Fehler mit langfristig gefährlichen Auswirkungen sein könnte, belegen die neuen Zahlen zur Verteilung der Vermögen in Deutschland. Den reichsten zehn Prozent der Bundesbürger gehören über zwei Drittel aller Privatvermögen im Lande, schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Es geht hier um die atemberaubende Größenordnung von 7.000 Milliarden Euro. Diese Konzentration von Reichtum ist einer demokratischen, zivilisierten Gesellschaft nicht zuträglich.
Seit den 1970er Jahren profitieren die Wohlhabenden und Reichen stärker von der wirtschaftlichen Entwicklung als die Arbeitnehmer. Damit wächst der Abstand zwischen Arm und Reich. Dieser Befund ist bekannt. Die neuen Zahlen des DIW, die auf einer Kombination aus Statistik und Schätzung für 2012 beruhen, belegen nun aber eine Verschärfung der Entwicklung. Demnach ist der Anteil der Reichen und Superreichen am gesamten Privatvermögen höher als bisher angenommen. Alleine das reichste eine Prozent der Bundesbürger kann demnach über ein Drittel des Besitzes verfügen, nicht nur über ein Fünftel, wie bisher angenommen.
Arm und Reich gab es immer. Bevor im 19. Jahrhundert die bürgerliche Mittelschicht entstand, war die soziale Ungleichheit größer als heute. Und natürlich ermöglicht gerade eine offene, demokratische und marktwirtschaftliche Gesellschaft, dass die Erfolgreichen die Gewinne mitnehmen. Das geht allerdings nur solange gut, wie die Bürger die Verteilung von Einkommen und Vermögen allgemein akzeptieren.
Ist das heute noch so? Zweifel sind angebracht. Viele Menschen meinen zu spüren, dass die Verhältnisse ungerechter werden. Es wäre an der Zeit, dass die Politik darauf reagiert. Angesichts der am oberen Ende der Vermögensskala vorhandenen Summen spricht nichts dagegen, die Steuern auf große Erbschaften, Kapitalerträge und Immobilien zu erhöhen. Bedarf für öffentliche Investitionen gibt es genug. Legen die Regierungen an diesem entscheidenden Punkt die Hände weiterhin in den Schoss, könnten später heftige Erruptionen die Folge sein.