Deutschland am Rande der Rezession

Wachstum bricht im kommenden Jahr ein / Forscher sehen trotzdem Licht am Ende des Tunnels

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Von Wolfgang Mulke

14. Okt. 2008 –

Deutschland steht am Rande einer Rezession. Die führenden Forschungsinstitute erwarten im kommenden Jahr allenfalls ein minimales Wachstum von 0,2 Prozent. Sollte die Finanzmarktkrise die Weltwirtschaft stark belasten, könnte die Wirtschaft im schlimmsten Fall sogar um 0,8 Prozent schrumpfen. Dies geht aus dem Herbstgutachten der acht führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hervor, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Der Abschwung ist schon deutlich spürbar. Im zweiten Halbjahr sinkt die Wirtschaftsleistung um etwa 0,7 Prozent. Der anfängliche Boom sorgt aber 2008 noch für ein insgesamt ansehnliches Wachstum von 1,8 Prozent. Vor allem die Ausfuhr von Investitionsgütern dürfte deutlich zurückgehen. Die weltweit rückläufige Nachfrage trifft die Exportnation Deutschland besonders stark.

 

Deutschland steht aber wahrscheinlich nicht am Rande des Abgrunds. Dazu trägt nach Ansicht der Experten auch die anhaltende Nachfrage aus den großen Schwellenländern bei. Entscheidend ist jedoch der weitere Verlauf der Finanzmarktkrise. Schon in der zweiten Jahreshälfte 2009 könnte es wieder aufwärts gehen, wenn die Bankenkrise bewältigt werden kann. Falls nicht, droht eine nachhaltige Rezession. Daran glauben die Institute nicht, auch weil die Staaten reagieren. Das Rettungspaket der Bundesregierung wird von den Gutachtern begrüßt. „Die Aufgabe ist extrem schwierig“, sagte Udo Ludwig vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Die Fachleute plädieren für weiter gehende Stützungsaktionen des Bundes. Ein klassisches Konjunkturprogramm wird jedoch abgelehnt, Vielmehr solle der Bund ohnehin geplante Steuererleichterungen und Investitionen in Bildung und Infrastruktur vorziehen, heißt es in der Expertise. Ein Sparprogramm zum Ausgleich eventueller Belastungen aus dem Bankenpaket lehnen die Institute angesichts der faktischen Stagnation ab.

 

Wie stark der Abschwung ausfällt, können auch die Wissenschaftler nicht genau sagen. Denn es gibt neben den negativen Ereignissen auch eine Reihe positiver Faktoren. Die Rohstoffpreise sinken wie auch der Euro. Beides kommt den Unternehmen zugute. Auch geht die Teuerung auf breiter Front zurück. Im kommenden Jahr rechnen die Gutachter mit einer Inflationsrate von 2,3 Prozent, nachdem die Preise in diesem Jahr um fast drei Prozent gestiegen sind. Auch die Kaufkraft der Arbeitnehmer wird nach Ansicht der Gutachter zunehmen, weil die Lohnabschlüsse 2008 im Durchschnitt über der Teuerungsrate lagen.

 

Der Abschwung wirkt sich laut Gutachten mit Verzögerung auf den Arbeitsmarkt aus. 2009 werden danach 350.000 Arbeitsstellen verloren gehen. Die Arbeitslosenzahl schnellt trotzdem nicht in die Höhe. Im Jahresdurchschnitt werden knapp 3,3 Millionen Erwerbstätige einen Job suchen. Da aufgrund der Alterung viele Arbeitnehmer aus dem Berufsleben ausscheiden, bleibt die Arbeitslosenquote stabil bei 7,5 Prozent.

 

 

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