Deutschland bekommt die Wasserkrise

WWF warnt: Der globale Kampf ums Wasser kann für Milliarden hohe Verluste von Firmen auf dem deutschen Markt sorgen

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Von Hanna Gersmann

27. Aug. 2014 –

Zum Beispiel der Modekonzern H&M. Für ihn wurde es teuer, als vor vier Jahren die Baumwollernte in großen Teilen Pakistans verwüstet wurde. Der Monsunregen war so extrem wie  seit achtzig Jahren nicht. Die Baumwollpreise stiegen. Mal sind es Überflutungen, mal sind es Dürren – Unternehmen auf dem hiesigen Markt drohen „im Extremfall Milliardenausfälle“. Davor warnte am Mittwoch der Umweltverband WWF.  Er belegt dies in seiner 90-seitigen Analyse „Das importierte Risiko. Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung.“  

Umweltschützer warnen seit langem vor einer Wasserkrise. Selbst das Weltwirtschaftsforum stuft diese als eine der fünf weltweit größten Risiken ein. Doch der Wasserexperte des WWF, Philipp Wagnitz, hat mit seinen Kollegen nun erstmals Wirtschaftssektoren und Einfuhrländer genauer auf das ökonomische Risiko hin abgeklopft.

So bezog die deutsche Wirtschaft allein im Jahr 2013 rund 180.000 Tonnen Tomaten aus Spanien im Wert von 250 Millionen Euro aus Europas Gemüsegarten, Südspanien, wo die Felder bewässert werden müssen. Schon heute wird dafür kostspielig Meerwasser entsalzt, weil das Grundwasser nur noch wenig hergibt.

Anderes Beispiel: Aus dem südafrikanischen Bergbau importierten hiesige Unternehmen in einem Jahr 5,4 Millionen Tonnen Rohstoff, etwa Steinkohle, Metalle, Erze im Wert von 1, 9 Milliarden Euro. Die Minenbetreiber in Südafrika pumpen jeden Tag rund 70 Millionen Liter Grundwasser  für Kühlung und Staubminderung. Und noch ein Fall: Aus Kenia kommen zwei Drittel aller in Deutschland verkauften Rosen. Pro Stück werden knapp vier Liter Wasser gebraucht, das vor allem aus dem Naivashsee kommt. Sein Wasserspiegel sinkt.

Die Konzerne müssten mit Imageproblemen rechnen und mit Standortschließungen, meinte Ökoexperte Wagnitz. So habe der Getränkegigant Coca Cola erst vor kurzem im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh eine Abfüllanlage schließen müssen. Die Bauern hatten beklagt, dass für die Brauseherstellung Wasser verschwendet werde, das ihnen fehle.

Den Standort wechseln - hier dicht und dort wieder aufmachen - das sei keine Lösung mehr, erklärte der WWF-Mann Jörg-Andreas Krüger. Wasser sei bereits in vielen Ländern knapp. Der Klimawandel sorge für Dürren. Zugleich werde immer mehr Wasser benötigt. Das Risiko hätten „viele Manager aber noch nicht auf dem Schirm.“

Krüger und seine Kollegen wollen diese Manager für das „Water-Stewardship-Konzept“ gewinnen, dafür: „gemeinsam Verantwortung zu übernehmen“. Anders gesagt: sich zu kümmern. Natürlich könnten einzelne Unternehmer nicht alle Risiken alleine aus der Welt schaffen, Behörden müssten ebenso mitziehen, erklärte Krüger. Am Anfang stehe aber eine genaue Analyse der Wertschöpfungskette. Firmen bezögen ihre Waren häufig von einer Börse, wo sie hergestellt würden, sei ihnen bislang oft nicht klar. Da gebe es Nachholbedarf.

Einzelne Firmen hätten das auch schon erkannt. H&M arbeitet zum Beispiel mit dem WWF zusammen. Dieser Zeitung erklärte der Konzern, er werde spätestens bis zum Jahr 2015 eine Wasserstrategie umsetzen. Besonders in der Textilverarbeitung – bei Wasch- und Färbeprozessen – soll der Wasserverbrauch gesenkt und das Abwasser besser behandelt werden.

Aber auch auf den Baumwollfeldern ließe sich einiges tun, meinte WWF-Experte Wagnitz – und rechnete vor: In Pakistan werden für ein Kilo Baumwolle 8.700 Liter Wasser verbraucht. Zumeist werden die Felder einfach mit Wasser aus den örtlichen Flüssen geflutet. Ein Drittel des Flußwassers verdunstet auf dem Weg oder versickert, weil die Kanäle marode sind. Wagnitz: „Wer allein das Bewässerungssystem modernisiert, schafft ein großes Einsparpotenzial“. Es wäre ein Anfang.

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