• © Deutsche Bahn AG / Georg Wagner

Die Bahn wappnet sich für den Klimawandel

Extreme Temperaturen, Regen und Stürme erfordern Investitionen in wettersichere Züge und Gleise. Allein die drei Stürme des letzten Jahres kosteten den Konzern über 70 Millionen Euro.

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Von Wolfgang Mulke

07. Mär. 2018 –

Winterliche Eiseskälte und sommerliche Hitzewellen werden nach Ansicht Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) bald normal sein. „Wir marschieren in Richtung 45 Grad“, sagt der Forscher zu den sommerlichen Spitzenwerten. Bei erfahrenen Bahnfahrern wird diese Aussicht gewisse Sorgen auslösen. Schließlich fielen die Klimaanlagen in den Zügen in den vergangenen Jahren an heißen Tagen besonders häufig aus. Probleme mit dem Wetter hat die Deutsche Bahn aber nicht nur bei tropischen Temperaturen. Starkregen unterspülte Gleisanlagen, Stürme legten Bäume über die Fahrwege und an eisigen Tagen frieren schon mal Weichen ein. Und derlei Wetterextreme häufen sich. Grund genug für Bahnchef Richard Lutz, den Klimaexperten Schellnhuber anzusprechen. Der Physiker hat ein Gutachten für die Bahn erstellt, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf den Schienenverkehr untersucht. Und die sind beträchtlich, wie Lutz erfahren musste. „Allein die drei Stürme Paul, Xavier und Herbert 2017 haben unser Ergebnis mit 70 bis 80 Millionen Euro belastet“, stellt er fest. Laut Schellnhuber muss sich der Konzern zukünftig auf eine Häufung extremer Wetterlagen einstellen. Daher will der Vorstand jetzt schon viel Geld in die Hand nehmen, damit die Bahn weniger anfällig für die Folgen des Klimawandels wird. Fünf Punkte umfasst die Strategie gegen Hitze und Regen. Jährlich 100 Millionen Euro wendet der Konzern ab sofort für die Durchforstung der Baumbestände entlang der Trassen auf. Denn umfallende Bäume haben bei den Stürmen des letzten Jahres weite Streckenteile komplett stillgelegt. Das „Vegetationsmanagement“, wie die Abteilung der Bahn heißt, soll schon vor dem Notfall potenziell entwurzelte Bäume fällen. Auch in die Zügen wird nachgebessert. Der neuen ICE 4 ist gegen den Ausfall der Klimaanlage zum Beispiel schon ganz gut gewappnet. Denn in jedem Wagen gibt es zwei Kühlsysteme, die unabhängig voneinander arbeiten. Bei älteren Zügen überholt die Bahn beim routinemäßigen Generalcheck die Systeme. Überprüft werden auch die Klimaanlagen in den rund 4.000 Stellwerken, die bei extremer Hitze auch störanfällig sind. Zudem sichert das Unternehmen seine Bauten besser, zum Beispiel durch Schutznetze gegen Hangbewegungen. Und die Bahn will weiter CO2 einsparen, in dem immer mehr Züge mit Ökostrom betrieben werden. Wirtschaftlich hält Lutz diese Investitionen für notwendig, weil der Klimawandel das System Schiene zunehmend herausfordern wird. „Wir rechnen mit Investitionszyklen von Jahrzehnten“, erläutert der Vorstand. Ökologisch steht der Konzern laut Schellnhuber im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern gut da. Die Bahn sei Teil der Lösung der Probleme, die durch den weltweiten Temperaturanstieg entstehen. Der Forscher fordert eine Verkehrswende, weg von der individuellen Mobilität. „Wer jetzt nicht einen strategischen Blick darauf wirft, wo er in 20 Jahren steht, wird untergehen“, warnt er.

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