• Mechthild Schrooten |Foto: DIW
    Mechthild Schrooten |Foto: DIW

„Die Bankentrennung ist eine halbherzige Aktion“

Regierung sollte Banken vorschreiben, Risikogeschäfte zu verringern, so Finanzprofessorin Schrooten

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Von Hannes Koch

06. Feb. 2013 –

Hannes Koch: Die Bundesregierung will Banken verpflichten, ihre Geschäfte aufzuspalten, um sie sicherer zu machen. Wie soll das funktionieren?


Mechthild Schrooten: Die Idee ist, große Banken in Holding-Gesellschaften zu verwandeln, die unter einem gemeinsamen Dach getrennte Geschäftsfelder betreiben. Zum Einen wäre dies das traditionelle Bankgeschäft mit Konten und Krediten für BürgerInnen und Unternehmen, zum Anderen die risikoreiche Spekulation mit Wertpapieren – auch im eigenen Interesse des Instituts. Letzteres könnte man dann im Notfall pleitegehen lassen, ohne dass der Staat und die SteuerzahlerInnen Milliarden Euro zur Rettung zur Verfügung stellen – so die Theorie.


Koch: Sie halten diese Trennung in risikoarme und risikoreiche Geschäfte für falsch?


Schrooten: Die Regierung unternimmt eine halbherzige Aktion. Sie möchte signalisieren, dass sie etwas tut, löst aber das Problem nicht. Auch als Holding mit getrennten Geschäftsbereichen bleibt eine große Bank eine große Bank. Bei manchen transnationalen Instituten übersteigt das Volumen des spekulativen Wertpapierhandels das Geschäft mit Konten und Krediten um ein Vielfaches. Gerät der Wertpapierhandel massiv in Schwierigkeiten, wird der Staat aus Angst vor Ansteckungseffekten nach wie vor einspringen. Daran wird diese halbherzige Trennung der Geschäftsfelder nichts ändern.


Koch: Wenn beispielsweise der Deutschen Bank Milliardenverluste aus dem Wertpapiergeschäft drohten, würde die Bundesregierung sie trotz der Trennung mit Steuergeld retten?


Schrooten: Vermutlich ja. Sind große Teile einer großen Bank vom Bankrott bedroht, kann das eine Vertrauenskrise in das gesamte deutsche Finanzsystem auslösen. AnlegerInnen werden ihr Geld aus dem Bankensektor abziehen. Über den Finanzmarkt sind alle Banken miteinander verbunden. Die Schockwellen und volkswirtschaftlichen Kosten wären immens.


Koch: Was schlagen Sie stattdessen vor?


Schrooten: Die Regierung sollte die Finanzinstitute verpflichten, ihre risikoreichen Geschäfte zu verringern und einige davon ganz aufzugeben. Dafür könnte ein Finanz-TÜV sorgen. Die Institute dürften nur noch die Geschäfte machen, die die Bankenaufsicht genehmigt. Wertpapiere, die die Finanzkrise ab 2007 auslösten, sollte man beispielsweise verbieten. Denn Pakete aus Immobilienkrediten, die mehrfach neu zusammengestellt und weiterverkauft werden, beinhalten zu große Risiken. Sie dienen ausschließlich dazu, die Renditen der Banken zu erhöhen. Einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung schaden solche Produkte dagegen.


Koch: Sie wollen die Gewinnmarge der Banken verringern?


Schrooten: Ja, wir müssen entscheiden, welche Aufgabe die Finanzinstitute erfüllen sollen. In erster Linie muss es darum gehen, den Zahlungsverkehr abzuwickeln und originäre Bankleistungen wie Einlagenbildung und Kreditbereitstellung zu gewährleisten. Dass die Banken mit risikoreichen Geschäften möglichst hohe Rendite erzielen, kann nicht das Ziel sein. Es liegt nicht im öffentlichen Interesse.


Koch: Wenn die Institute mehr Profit erwirtschaften, können sie möglicherweise mehr Mittel in Form von Krediten an die Wirtschaft ausgeben. Müssen wir uns entscheiden zwischen Stabilität des Finanzsystems und Wirtschaftswachstum?


Schrooten: Nein. Die Bankgewinne von gestern sind nicht die Kredite von morgen. Das Kreditvolumen hängt vielmehr davon ab, wie die Finanzierungsbedingungen aussehen. Da spielen die Zinsen der Europäischen Zentralbank eine größere Rolle. Gehen die Finanzmärkte zu hohe Risiken ein, verursachen sie übermorgen möglicherweise gigantische volkswirtschaftliche Kosten. Diese gefährdet das Wirtschaftswachstum viel stärker als die Verringerung der Bankprofite auf ein moderates Niveau.


Bio-Kasten

Mechthild Schrooten (Jg. 1961) lehrt und forscht als Professorin für Volkswirtschaft an der Hochschule Bremen. Die Finanzexpertin ist auch Forschungsprofessorin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

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