Die Datenfischer sind wieder unterwegs

Internetkriminalität steigt weiter an / Fast vier Millionen Deutsche schon einmal Opfer gewesen

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Von Wolfgang Mulke

20. Jan. 2009 –

Der Computer und das Internet werden von Kriminellen immer häufiger als Tatwaffe genutzt. „Neuartige Kriminalitätsphänomen ersetzen zunehmend klassische Deliktsformen“, sagte der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, am Dienstag in Berlin Organisiert Banden, vornehmlich aus Osteuropa, spionieren danach vermehrt Internetsurfer aus, missbrauchen private PC als Server für Spammails oder plündern beim Online-Banking Konten.

 

Das Daten-Phishing ist wieder auf dem Vormarsch. Mit Hilfe gefälschter E-Mails und Webseiten spionieren die Täter dabei die Zugangsdaten für elektronische Konten aus. Mit dem so genannten I-Tan-Verfahren wollten die Kreditinstitute dem Treiben ein Ende bereiten. Dabei muss der Kunde für jeden Auftrag eine Transaktionsnummer (Tan) eintippen, an die die Täter schwer herankommen. Das Sicherheitssystem ist Ziercke zufolge längst geknackt worden. Nachdem die Zahl der Fälle sich 2008 zunächst halbiert hat, melden sich nun wieder deutlich mehr Geschädigte bei der Polizei. 1.800 Konten wurden im vergangenen Jahr von Kriminellen abgeräumt. Die Schadenssumme betrug bis zu 10.000 Euro. Allerdings vermuten die Experten eine weitaus größere Dunkelziffer, weil Banken aus Kulanz und Imagegründen manchen Schaden ersetzen und auf eine Anzeige verzichtet wird. Bei den neuen Attacken werden die Opfer auf eine täuschend echt aussehende Fälschung der Webseite ihrer Online-Bank gelockt. Wenn sie sich dort mit ihren Kundendaten anmelden, leitet der zwischengeschaltete Computer die Daten an die echte Bank weiter. Das Institut fragt nach einer I-Tan. Wird diese vom Opfer eingegeben, haben die Täter alles was sie benötigen, um Geld vom fremden Konto auf ein eigenes zu überweisen.

 

Auf Wachstumskurs sind auch andere Delikte. Trojaner, also kleine Spionageprogramme, infizieren Computer und mittlerweile auch Handys. Und so genannte Bot-Netze steuern private PC ohne Wissen der Eigentümer aus der Ferne. Diese Netze werden zum Beispiel aufgebaut, um unerkannt Werbemails in alle Welt zu versenden.

 

Das BKA registriert einen ungebrochenen Trend zur Computerkriminalität. 180.000 Fälle mit der Tatwaffe Internet zählte das Amt 2007, acht Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Trend hält an. Hinter den Delikten stehen längst nicht mehr jugendliche Hacker, die gedankenlos in fremde Systeme eindringen. Vielmehr agieren hier technisch bestens ausgerüstete Banden, die Deutschland mit einem vergleichsweise hohen Sicherheitsstandard als eine Art Testmarkt auserkoren haben. „Wenn es in Deutschland funktioniert, funktioniert es auch im Rest der Welt“, stellte Ziercke fest.

 

Die Palette der Taten ist beträchtlich und reicht vom Ausspionieren der Daten, über Betrug und Wirtschaftsspionage bis hin zu Kinderpornographie und Terrorismus. Die Ermittler sehen sich in einer schwachen Position. So werde zum Beispiel die Strafverfolgung schwierig, wenn Kriminelle statt übers Festnetz oder Handy via Internet telefonieren und die Gespräche verschlüsseln. Da kann die Polizei nach geltendem Recht nicht mithören. Das BKA befürchtet daher eine sinkende Aufklärungsquote.

 

Computerkriminalität kann jeden treffen, der einen Internetanschluss nutzt. Nach einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom sind vier Millionen Deutsche schon einmal Opfer geworden. Sieben Prozent der PC-Besitzer haben dabei einen finanziellen Schaden davon getragen, beispielsweise durch Viren, bei Online-Auktionen oder Bankgeschäften. Zum Teil tragen die Betroffenen auch eine Mitschuld, weil sie auf Sicherheitsmaßnahmen verzichten. Der Umfrage zufolge aktivieren nur zwei von drei Surfern eine Firewall, die Attacken von außen abwehrt. Über diese und andere Schutzeinrichtungen informiert das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf der Webseite www.bsi-fuer-buerger.de .

 

 

 

 

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