• Windkraftwerk

Die EU und die Zukunft der Energiewende

Will die Kommission den Vorrang für Ökostrom einschränken? Der Verband der Wind- und Solarkraftwerke ist alarmiert. Auch das Wirtschaftsministerium hat Fragen an Brüssel.

Teilen!

Von Hannes Koch

02. Dez. 2016 –

Die Energiewende in Deutschland beruht bisher darauf, dass Ökostrom Vorrang in den Leitungen geniesst. Nun allerdings hat die EU-Kommission eine Neuregelung vorgeschlagen. Diese stelle den sogenannten Einspeisevorrang in Frage, argwöhnt der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE): „Dies verlangsamt die Energiewende und konterkariert die Klimaschutzziele.“ Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat Fragen. „Wir müssen das noch genau prüfen“, sagte eine Sprecherin.

Mit ihrem neuen Richtlinien-Paket will die EU-Kommission grundsätzlich den Klimaschutz voranbringen, die erneuerbaren Energien stärken und Anreize zum Energiesparen setzen. Allerdings beinhaltet das sogenannte Winterpaket einige heikle Punkt. Einer davon betrifft den Einspeisevorrang für Ökostrom in Deutschland.

Bisher ist es prinzipiell so: Herrscht ein Überangebot an Strom, müssen die Leitungsbetreiber zunächst Kohle- und Gaskraftwerke vom Netz nehmen. Die Energie aus Wind-, Sonne- und Biomasseanlagen dagegen muss weiter transportiert werden. Dieser Vorrang wurde einst geschaffen, damit die Ökokonkurrenz überhaupt eine Chance gegen die konventionelle Energieproduktion hat.

Weil die erneuerbaren Energien jetzt jedoch einen beträchtlichen Marktanteil erobert haben – in Deutschland ein Drittel der Stromversorgung – will die EU-Kommission teilweise neue Akzente setzen. Zwar soll der bisherige Vorrang für kleine Anlagen, etwa Sonnenzellen auf Bauernhöfen, bestehen bleiben. Und auch große Windparks müssen im Falle eines Überangebotes grundsätzlich erst als letzte vom Netz gehen. Drittens allerdings will die EU-Kommission auch ein neues Marktsegment definieren und regulieren: den sogenannten Redispatch-Markt. Dort wird konkret entschieden, welches Kraftwerk im Notfall ab- oder dazugeschaltet wird, und welche Vergütung es für diese Hilfsleistung erhält.

Genau an dieser Stelle vermutet der Verband der Erneuerbaren nun ein Problem. Weil die Betreiber von Braunkohlekraftwerken im Zweifelsfall höhere Entschädigungen berechnen könnten als Windanlagen, die vorübergehende Trennung der Fossilen vom Netz also teurer wäre, dürften sie dann vermutlich weiterlaufen. Windparks und Solarkraftwerke hätten das Nachsehen. „Dann greift der Einspeisevorrang nicht mehr“, heißt es beim BEE, „und es fließt mehr Braunkohlestrom in die Netze.“ Auch Nina Scheer, Bundestagsabgeordnete der SPD, befürchtet, die EU-Kommission wolle „den Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien einschränken“.

„Wir setzen uns für den Erhalt des Einspeisevorrangs ein“, sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Und man begrüße, dass „die Kommission dieser Forderung bereits sehr weit entgegen gekommen ist“. Die offenen Fragen bei den Redispatch-Märkten müssten aber geklärt werden. Im Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene könne man den Vorschlag der Kommission noch ändern.

« Zurück | Nachrichten »