Die fitten Alten

Die Senioren Deutschlands sind fitter und aktiver als je zuvor. Sie schreiben sich an den Universitäten ein, reisen, genießen ihre Freizeit.

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Von Wolfgang Mulke

31. Jul. 2015 –

Doch für einige Rentner hat der wohlverdiente Ruhestand auch eine Kehrseite: Etliche kommen ohne Job im Alter nicht über die Runden.

Bei den meisten Rentnern in Deutschland kann von Entspannung und Ruhe im Alter keine Rede sein. Im Schnitt widmen sie mehr als 50 Stunden pro Woche der Bildung, Kultur und Terminen abseits von Haushalt und Arbeit. Wenn der letzte Tag im Job näher rückt, haben sich etliche längst für die Mittelalter-Vorlesung oder das Kant-Seminar an der Universität eingeschrieben. Das Statistische Bundesamt hat ausgerechnet, dass fast jeder zweite Gasthörer an den Hochschulen heute über 65 Jahre alt ist. Das sind rund 20 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. An den Volkshochschulen wurden allein 2013 mehr als eine halbe Million Kurse von Rentnern belegt. Am liebsten lernen sie Sprachen, beschäftigen sich mit den großen Fragen aus Kultur und Gesellschaft.

Wichtiger denn je, ist den älteren Männern und Frauen mobil zu sein. Immer mehr Ältere fahren länger mit dem Auto. Sie sind mit dem Fahrrad unterwegs, bewegen sich zu Fuß in der Stadt. Doch die Mobilität hat auch ihren Preis. Jeder Dritte Tote im Straßenverkehr war 2014 älter als 65 Jahre. Vor 20 Jahren war es noch jeder Sechste. Vor allem ältere Radfahrer und Fußgänger sind großen Gefahren im Straßenverkehr ausgesetzt. Schuld an den meisten Unfällen sind weniger die Senioren sondern eher die Unachtsamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer.

Auch virtuell werden die Alten immer mobiler. Weit über 50 Prozent der Senioren nutzen einen Computer, rund 45 Prozent surfen regelmäßig im Internet. Allerdings am liebsten zuhause am heimischen PC. Laptops, Tablets oder Handys werden von den Älteren immer noch skeptisch beäugt.

Die Senioren fühlen sich fit, halten sich für belastbar und wissen genau, dass sie mehr werden. Bis 2060 wird sich ihr Anteil an der Bevölkerung in Deutschland von bisher rund 21 Prozent auf voraussichtlich 33 Prozent erhöhen, prognostiziert Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes. Ende 2013 lebten in Deutschland rund 17 Millionen Menschen ab 65 Jahre. Die Frauen überleben meist ihre männlichen Altersgenossen. Statistisch gesehen können sie ab dem Renteneintritt mit weiteren 20 Jahren und neun Monaten rechnen. Bei den Männern liegt die Lebenserwartung bei weiteren 17 Jahren und sechs Monaten.

Freizeit allein reicht den aktiven Rentnern längst nicht mehr aus. 2014 gingen rund 14 Prozent der 65- bis 69-Jährigen arbeiten. 2005 waren es noch rund sechs Prozent. Warum die Senioren auf einen Job nicht verzichten wollen, kann die Statistik nur schwer belegen. Egeler vermutet, dass die weitere berufliche Tätigkeit möglicherweise «ein Ausdruck eines sich verändernden Selbstverständnisses» ist.

Ein Großteil der arbeitenden Senioren geht laut Erhebung einer selbstständigen Tätigkeit nach oder hilft bei Aufgaben etwa im Familienbetrieb mit. Ihr Anteil bei den 65- bis 69-Jährigen lag bei 39 Prozent. Bei den 60- bis 64-Jährigen waren es dagegen nur 16 Prozent.

Einige werden wohl nicht freiwillig jobben gehen. Zwar deckt die Mehrheit der Senioren ihren Lebensunterhalt über Rente oder Pension ab. Doch die Gefahr im Alter in Armut abzurutschen ist nach wie vor hoch. Nur 26 Prozent der alleinlebenden Frauen beziehen ausschließlich eine eigene Rente. Bei den alleinlebenden Männern liegt der Anteil bei 71 Prozent. Der erhebliche Unterschied ist eine Folge der klassischen Rollenteilung in der Familie: Viele Frauen gingen entweder keiner Erwerbstätigkeit nach oder unterbrachen sie für die Kindererziehung.

Knapp 500.000 Personen ab 65 Jahre sind in Deutschland auf eine Grundsicherung angewiesen. Das sind fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. 62,7 Prozent davon sind Frauen. 14,9 Prozent der Generation 65+ gelten zudem als armutsgefährdet. In diese Kategorie fallen Alleinstehende, die im Monat mit weniger als 979 Euro auskommen müssen. Auch hier sind vor allem Frauen betroffen. 21 Prozent der alleinlebenden Frauen ab 65 Jahre standen weniger als 900 Euro pro Monat zur Verfügung. Bei den Männern lag der Anteil bei 15 Prozent.

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