Die lange Fahrt zum Öko-Auto
Europa einigt sich grundsätzlich über schärfere Abgas-Grenzwerte. Deutsche Wagen müssen viel sauberer werden. Autokonzerne konnten strengere Ziele hinausschieben
02. Dez. 2008 –
Die Autos in Europa sollen umweltfreundlicher werden. Bis 2020 könnte ihr Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid auf etwa 60 Prozent der heutigen Menge sinken. Das haben Vertreter der 27 EU-Länder, der EU-Kommission und des Parlaments am Montag Abend in Brüssel vereinbart.
Die grundsätzliche Einigung, deren Details noch fixiert werden müssen, bleibt freilich hinter dem ursprünglichen Ziel der EU-Komisssion zurück. Umweltkommissar Stavros Dimas hatte vorgeschlagen, den durchschnittlichen Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) bereits ab 2012 auf 120 Gramm pro gefahrenem Kilometer zu senken. Jetzt soll dieser Grenzwert erst bis 2015 stufenweise eingeführt werden.
Gerade die deutschen Autohersteller, die vornehmlich leistungsstarke Wagen mit hohem CO2-Werten bauen, haben sich damit teilweise durchgesetzt. Gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Matthias Wissmann, ehemaliger CDU-Bundesverkehrsminister und jetziger Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), dafür gestritten, die Grenzwerte abzumildern.
Der EU-Kompromiss sieht vor, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß der in Europa zugelassenen Neuwagen von gegenwärtig etwa 160 Gramm auf 120 Gramm sinken soll. Dafür vorgesehen sind drei Stufen. Ab 2012 müssen 65 Prozent der Neuwagen das Ziel erreichen, 75 Prozent ab 2013, 80 Prozent ab 2014 und alle ab 2015.
Den einzelnen Autoherstellern ordnet die EU-Kommission jeweils eigene Minderungsziele zu. Für Daimler-Benz stehen 138 Gramm zur Diskussion, für BMW 137 und für VW 134 Gramm. Die italienischen und französischen Konzerne, die mehr kleine Fahrzeuge produzieren, müssen unter 130 Gramm kommen. Für Fiat könnte der erlaubte Ausstoß bei 122 Gramm CO2 pro Kilometer liegen, im Falle Peugeots bei 126.
Diese Zahlen gelten für die Motoren und die Karosserie. Bessere Reifen und andere Innovationen sollen die Schadstoffe zusätzlich vermindern. Unter dem Strich soll sich dann europaweit ein Durchschnitt von 120 Gramm pro Kilometer ergeben.
Damit dieser Wunsch nicht nur auf dem Papier steht, sondern eingehalten wird, droht die EU den Herstellern Strafen an. Liegt der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Neuwagen eines Unternehmens um ein Gramm über der Zielmarke, wird eine Strafe von einem Euro pro Fahrzeug fällig. Diese Strafe steigt an bis auf 95 Euro ab vier Gramm unerlaubten CO2-Ausstoßes. Überschreitet ein Hersteller seinen Grenzwert beispielsweise um vier Gramm und produziert die Firma eine Million Autos pro Jahr, würde die Strafe 140 Millionen Euro betragen.
Darüberhinaus will sich die EU ein langfristiges Ziel setzen. Ab 2020 soll der durchschnittliche Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids nur noch 95 Gramm pro Kilometer betragen.
Der Verband der Automobilindustrie hält die EU-Plan für „eine große Herausforderung“. Die Unternehmen würden sich diesen Zielen aber „mit Engagement stellen“.Umweltverbände wie Greenpeace und die Grünen kritisierten die Einigung. „Die Kanzlerin kämpft gegen den europäischen Klimaschutz“, sagte Jürgen Trittin, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, mit Blick auf die verlängerten Fristen für die Einhaltung der Grenzwerte. Die Deutsche Umwelthilfe erklärte, die Emissionen könnten in den kommenden Jahren sogar über das gegenwärtige Niveau hinaus ansteigen, weil verschiedene Ausweich- und Ausnahmeregelungen eingeführt würden. Die grüne Europa-Abgeordnete Rebecca Harms kritisierte außerdem die Strafzahlungen. Diese seien zu gering, um die Autohersteller zu stärkerem Klimaschutz zu bewegen.
Der Kompromiss vom Montag bedarf noch der Zustimmung des EU-Parlamentes.