Die Maßjeans aus dem Hinterhof
Eine Berliner Kleinfabrik widerlegt das Vorurteil, dass die Textilproduktion in Deutschland zu teuer ist
11. Jul. 2013 –
Ein immer wiederkehrendes Problem beim Einkaufsbummel ist die Suche nach einer passenden Jeans. „Blut, Schweiß und Tränen“, kostet die Jagd nach einer gut sitzenden Hose, sagt eine TV-Moderatorin. „Egal ob Apfel- oder Birnen-Po“, erläutert der gelernte Bekleidungstechniker Wissam Manana, „Hauptsache er sieht knackig aus.“ Darauf können sich seine Kunden verlassen. Der 37-jährige hat in einem Hinterhof im Berliner Bezirk Pankow eine kleine Fabrikation für den Dauerbrenner Jeans aufgebaut. Für knapp 120 Euro erhalten die Käufer bei ihm ein maßgefertigtes Stück.
In der kleinen Werkhalle stehen ein Dutzend Maschinen. Auf einem großen Tisch werden die blauen und schwarzen Stoffe zugeschnitten. Drei festangestellte sowie zwei freie Mitarbeiterinnen und zwei Praktikanten stellen täglich zehn Hosen her. Das Kleidungsstück hat für die Schneider Tücken, da der Stoff bei jeder Figur an bestimmten Stellen eng anliegen soll. „Wenn ich etwas leichtes haben wollte“, erklärt der Mittdreißiger, „hätte ich Anzüge gemacht.“ So aber widerlegt Manana die These, dass bezahlbare Jeans nur in Billiglohnländern gefertigt werden können.
Was unterscheidet das Geschäft mit teurer Stangenware aus den großen Modehäusern mit der Maßjeans aus dem Hinterhof? „Die Gewinnmargen bei Markenhosen sind extrem hoch“, weiß der Unternehmer. Im Einkauf koste eine aus China importierte Jeans zwischen neun und 15 Euro. Im Laden verlange das Markenunternehmen 130 bis 150 Euro dafür. Manama begnügt sich nach eigener Aussage mit geringen Gewinnen. Auch will er seine Beschäftigten nicht schlecht bezahlen. „Wir kommen an den Tariflohn heran“, versichert der studierte Bekleidungstechniker.
Auf dem Textilmarkt wird seiner Beobachtung nach wenig nachhaltig gewirtschaftet. Kleinserien von wenigen Tausend Kleidungsstücken werden kaum noch zu bezahlbaren Konditionen gefertigt. „Auch chinesische Fabriken nehmen Aufträge nur ab einer Größenordnung von mehreren Zehntausend Exemplaren an“, berichtet Manana. Deshalb würden die großen Modehersteller auch weit mehr Textilien einkaufen, als sie überhaupt absetzen können. Die Gewinnmarge bei den verkauften Stücken sei so hoch, dass es sich lohne, einen großen Teil der Restware zu verramschen oder zu vernichten.
Dagegen setzt der Unternehmer seine eigene Nachhaltigkeitsstrategie. Die Stoffe kommen aus der Türkei oder aus Baden-Württemberg, gebleichte Jeans sind nicht im Angebot. Denn die Arbeitsbedingungen bei der Sandstrahlbehandlung der Stoffe gefährden oft die Gesundheit der Arbeiter. Am liebsten würde Manana die Firma so organisieren, dass die Mitarbeiter daran beteiligt werden können. Einen ersten Versuch hat er schon unternommen, als er 2003 eine Modeagentur gründete. 40 Prozent der Umsätze gingen an die Firma, 60 Prozent konnten die Beschäftigten unter sich aufteilen. „Das hat gut funktioniert“, erinnert er sich.
Nachhaltig sollen die Jeans auch auf den Käufer wirken, die den Weg in das Atelier zur Anprobe finden, oder ihre Maßhose im Internet bestellen. „Wenn der Kunde glücklich ist, kommt er immer wieder“, weiß der Unternehmer. Da die Maße dann schon gespeichert sind, werden die Folgeaufträge auch günstiger im Preis. Zu finden sind die Angebote unter der Internetadresse www.manana-jeans.de .