Ein Gespenst kehrt zurück

Analyse

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Von Wolfgang Mulke

08. Okt. 2014 –

Die jüngsten Konjunkturdaten könnten Anzeichen für eine neuerliche Wirtschaftskrise sein. An den Börsen ist die Stimmung schon schlecht.

 

Die goldenen Zeiten für Aktienbesitzer sind vorerst vorbei. Überwand der Deutsche Aktienindex (Dax) vor wenigen Monaten noch die magische Marke von 10.000 Punkten, notierte er an diesem Mittwoch zeitweilig bei weniger als 9.000 Punkten. Das ist zunächst einmal kein Grund zur Panik. Denn über einen langen Zeitraum kannte die Kurve nur eine Richtung, die nach oben. Und die Kursgewinne sind keineswegs durch besonders gute Aussichten der 30 größten deutschen Unternehmen zustande gekommen. Vielmehr sorgt die Europäische Zentralbank mit ihrer Niedrigzinspolitik für reichlich Nachfrage nach lukrativen Geldanlagen. Staatsanleihen oder andere Geldanlagen werfen so wenig ab, dass die Anleger lieber Aktien kauften. Jetzt sind sie vorsichtiger geworden und sichern sich ihre Gewinne.

 

Der Abwärtstrend hat noch einen zweiten Grund. Die Wirtschaft läuft längst nicht mehr so gut wie in den letzten Jahren. Die jüngsten Konjunkturdaten sind mehr als ernüchternd. Die Auftragslage der Industrie hat sich im August schlagartig verschlechtert. An ein kräftiges Wachstum glauben die Fachleute vorerst nicht mehr. So eine Entwicklung nehmen die Börsianer normalerweise vorweg, in dem sie sich frühzeitig von ihren Aktien trennen. Es kommen also zwei Faktoren zusammen.

 

Wie es weitergeht mit den Börsenkursen ist ungewiss. Wenn die Spekulationswelle durch billiges Geld auf den Finanzmärkten abgeebbt ist, bilden die harten Wirtschaftsfakten die Basis für die Kursentwicklung. Dazu gehören auch die beträchtlichen Risiken für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Die Gefahren lauern zum Beispiel an den politischen Brennpunkten der Welt. Der weitere Verlauf der Ukraine-Krise, der Terrorangriff der IS im mittleren Osten sorgen für Verunsicherung der Wirtschaft und der Konsumenten. Dazu kommen die noch nicht gelösten Probleme der Länder im Süden Europas. In Ländern wie Frankreich, Spanien oder Italien kommt die Wirtschaft nicht in Gang, bereitet die hohe Staatsverschuldung Sorgen.

 

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte auf seiner gerade laufenden Herbsttagung sogar vor einer globalen Wirtschaftskrise. Für die Eurozone erwartet der IWF nur ein mickriges Wachstum von 0,8 Prozent in diesem Jahr. Italien steckt danach sogar in einer Rezession. „Es besteht das Risiko, dass die Erholung in der Eurozone stagniert“, bemerkt Oliver Blanchard, der Chef-Volkswirt des Fonds. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Rezession in Europa beziffert er auf immerhin 40 Prozent. Dann kämen die überwunden geglaubten Probleme der Krise von vor fünf Jahren wohl mit Wucht wieder zurück, mit einer weiter steigenden Arbeitslosigkeit, viel zu hohen Staatsschulden und kriselnden Banken.

 

Deutschland geht es weiterhin vergleichsweise gut, auch wenn der Konjunkturmotor stottert. Im kommenden Jahr rechnet der IWF mit einem Wachstum von 1,5 Prozent. Obwohl die bisherigen Erwartungen optimistischer waren, wäre dies immer noch ein beachtliches Ergebnis. So wird hierzulande auf absehbare Zeit auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt bleiben. Entlassungen in größerem Umfang gibt es normalerweise erst, wenn ein wirtschaftlicher Einbruch bereits stattgefunden hat. Trotz mancher Alarmzeichen ist dies noch nicht der Fall.

 

Der IWF rät der Bundesregierung trotzdem schon einmal zu einer Stimulierung der Wirtschaft durch Investitionen. Ausgaben, zum Beispiel für eine Instandsetzung der Infrastruktur könne sich Deutschland leisten, ohne die Schuldengrenzen der Eurozone zu verletzen. Davon will die Bundesregierung bisher aber noch nichts wissen.

 

Den Anlegern an der Börse bleibt die Unsicherheit in der nächsten Zeit erhalten. Da das Kursniveau trotz der aktuellen Verluste immer noch hoch ist, sind weitere Rückschläge durchaus möglich. Wie tief der Fall gehen kann, zeigte sich 2009. Damals sackte der Dax auf nur noch 3.700 Punkte ab.

 

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