• Horst Seehofer (CSU)
    Horst Seehofer (CSU)

Ein paar hundert Millionen steuerfrei

CSU setzt Vergünstigungen für große Familienunternehmen und kleine Handwerksbetriebe bei der Reform der Erbschaftsteuer durch

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Von Hannes Koch

20. Jun. 2016 –

Bei der Erbschaftsteuer für Firmen hat die CSU auf den letzten Metern noch einige Vergünstigungen für die Erben herausgeholt. Um von der Steuer befreit zu werden, müssen Handwerksbetriebe bis zu fünf Beschäftigten künftig nicht nachweisen, dass sie die Arbeitsplätze sichern. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte die Grenze schon bei drei Arbeitnehmern ziehen. Damit das Gesetz endlich beschlossen werden kann, stimmten CDU und SPD dem Kompromiss nun zu.

 

Der Einigung, die die Regierung am Montag verkündete, ging eine anderthalbjährige Debatte voraus. Im Dezember 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht das Erbschaftsteuergesetz in entscheidenden Punkten bemängelt. Die RichterInnen hielten die Verschonung von der Steuer für kleine Firmen und große, kapitalkräftige Unternehmen für zu großzügig. Sie setzten Regierung und Parlament eine Frist zur Überarbeitung bis Ende diesen Monats.

 

Schäuble legte daraufhin im Juni 2015 einen Reformvorschlag vor. Dieser enthielt unter anderem drei entscheidende Punkte. Erstens sank die Steuerfreigrenze für kleine Betriebe von 20 auf drei Beschäftigte. Zweitens sollten größere Unternehmen mit einem Betriebsvermögen von über 20 Millionen Euro nur noch teilweise von der Erbschaftsteuer verschont werden – auch wenn sie ihre Arbeitsplätze erhalten. Über 110 Millionen Euro sollte eine weitere Verschärfung eintreten.

 

Unternehmensverbände und auch die CSU machten gegen diesen Vorschlag mobil. Es gelang ihnen, Schäubles Entwurf an mehreren Stellen günstiger für die Firmen zu gestalten. So stieg die Untergrenze beim zu versteuernden Betriebsvermögen von 20 auf 26 Millionen Euro. Firmen, die im Besitz von Familien sind, erhielten einen zusätzlichen Freibetrag von 30 Prozent des Betriebsvermögens. Argument: Die Nachkommen könnten das ererbte Vermögen nicht verkaufen, weil es im Unternehmen fest gebunden sei. Und wer Erbschaftsteuer zahlen muss, dazu aber nicht in der Lage ist, sollte sie für zehn Jahre gestundet bekommen – zinslos.

 

Doch selbst diese Zugeständnisse der CDU und SPD reichten der CSU am Schluss nicht. Neben der Anhebung der Beschäftigtengrenze von drei auf fünf Arbeitnehmer drückte sie noch durch, dass auch Mittel für Investitionen zwei Jahre lang nicht unter die Steuer fallen sollen.

 

Allerdings musste auch die CSU Federn lassen. Die obere Grenze von 110 Millionen Euro, die Schäuble für eine schärfere Besteuerung zog, wird künftig im Umkreis von 90 Millionen liegen. Manche Firmenerben werden also etwas mehr Steuer entrichten müssen, als Schäuble beabsichtigte. Das verlangte die SPD als Ausgleich für die CSU-Forderungen.

 

Weil die Union Steuererhöhungen ablehnt, will die große Koalition die gesamte Reform aufkommensneutral gestalten. Die Einnahmen des Staates sollen das bisherige Niveau, das bei sechs Milliarden Euro pro Jahr liegt, allenfalls leicht übersteigen. 2014 wurde laut Statistischem Bundesamt Vermögen im Wert von 108,8 Milliarden Euro vererbt oder geschenkt. Wegen der Freibeträge und Firmenprivilegien wurden davon nur 33,8 Milliarden Euro besteuert. Die Finanzämter nahmen schließlich 5,4 Milliarden ein.

 

Die Stiftung Familienunternehmen begrüßte am Montag die „Fortschritte“ gegenüber Schäubles Entwurf vom vergangenen Sommer. Gleichzeitig klagte die Firmenlobby: „Für eine große Anzahl von Familienunternehmen wird sich die Erbschaftsteuer-Belastung jedoch deutlich erhöhen.“ Weitere Vergünstigungen seien deshalb nötig.

 

Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sagte dagegen: „Betriebsvermögen werden in einer Weise privilegiert, die für den Erhalt der Unternehmen nicht erforderlich ist.“ Er rechnet mit neuen Klagen beim Verfassungsgericht. „Wir sehen uns in Karlsruhe“, so Bach. Bevor es soweit ist, müssen Bundestag und Bundesrat der Reform beraten und beschließen.

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