Ein windiges Geschäft

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

16. Sep. 2009 –

Windparks vor der deutschen Küste sollen bald in großem Umfang zu einer sauberen Stromversorgung beitragen. Investoren für den Bau der Seekraftwerke stehen in den Startlöchern. 25 Standorte wurden bereits genehmigt, drei in der Ostsee, der Rest in der Nordsee. Insgesamt 40 Windparks will die Bundesregierung zunächst zulassen. Bisher liefert nur die Versuchsanlage Alpha-Ventus Strom. Die sechs Windräder wurden 45 Kilometer nördlich der Insel Borkum in 40 Meter tiefem Wasser installiert. Die ersten kommerziellen Anlagen könnten nach Plänen der verschiedenen Betreibergesellschaften im nächsten oder übernächsten Jahr ans Netz gehen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee misst dem weiteren Ausbau eine wichtige Rolle bei der künftigen Energieversorgung bei. „Allein aus der Nordsee können 6,8 Millionen Haushalte zusätzlich mit Strom versorgt werden“, sagt der Minister. Der Anteil der Windkraft an der Stromversorgung soll im kommenden Jahrzehnt von derzeit gut sechs Prozent auf 30 Prozent gesteigert werden, vor allem durch Offshore-Anlagen.

 

Von den Windparks gehen keine Gefahren aus. Die Bundesregierung hat an diesem Mittwoch einen Raumordnungsplan beschlossen, der den Anlagen abseits der Schifffahrtswege gelegene Standorte zuweist. Damit wurde auch der Umweltschutz festgeschrieben. In den ökologisch wertvollen Küstengebieten dürfen sich die Windräder nicht drehen. Vielmehr müssen die Betreiber bis zu 120 Kilometer ins Meer hinausfahren, wenn sie Windkraftwerke errichten wollen. Inwieweit sich die Anlagen selbst verlässlich betreiben lassen, muss der Praxistest erweisen. Denn bisher wird Strom in anderen Ländern nur nahe der Küsten gewonnen. Die Bedingungen auf hoher See sind noch nicht erprobt. Heftige Orkane stellen zumindest kein gefährliches Problem dar. Bei zu starkem Wind werden die Turbinen abgeschaltet und die Rotoren so gedreht, dass keine Schäden entstehen.

 

Vor der ersten Stromernte steht ein harter Arbeitseinsatz, wie das Beispiel Alpha-Ventus zeigt. „Es ist ein unglaublicher Aufwand“, erläutert Unternehmenssprecher Lutz Wiese. Die größte Herausforderung sei die Verankerung der Windräder im Meer. Dafür rammt die Gesellschaft, die von den großen deutschen Versorgern gegründet wurde, zwei Meter dicke Stahlfüße in den Schlick. Diese Zylinder halten das 700 Tonnen schwere und 40 Meter hohe Fundament eines Windrads. Darauf wird schließlich die Stromerzeugungsanlage installiert. Außerdem muss ein Seekabel zum Ufer verlegt werden, damit der Strom auch ins Netz an Land eingespeist werden kann. Zuständig ist dafür der Netzbetreiber im jeweiligen Küstenabschnitt. Die Kabel werden etwa 1,5 Meter in den Meeresgrund eingegraben, oder „eingespült“, wie die Fachleute sagen.

 

Der überwiegende Teil der Projekte wird von großen Versorgungsunternehmen geplant. Auch die Stadtwerke mischen mit. So haben zum Beispiel in Baden-Württemberg kommunale Unternehmen eine Offshore-Gesellschaft gegründet. Branchenfremde Investoren gibt es nur wenige. Noch sind die Kosten für die Windparks sehr hoch. Während ein herkömmliches Kraftwerk pro Megawatt Kapazität bis zu 1,8 Millionen Euro kostet, verschlingen die Windräder auf See zwischen drei und vier Millionen Euro. Trotzdem werden die Windparks auf lange Sicht Gewinne einfahren, weil die Einspeisung ins Stromnetz und damit die Einnahmen garantiert sind. Die Kosten für die Anbindung der Felder ans Stromnetz an Land werden über den Strompreis auf alle Kunden in ganz Deutschland umgelegt. Der Bundesverband Windenergie berichtet von Problemen bei der Vorbereitung der Projekte. Die Netzbetreiber würden kein Kabel verlegen, solange die Finanzierung nicht stehe. Die Banken wiederum verweigerten Darlehen, wenn die Kabelanbindung nicht fest zugesagt worden sei.

 

Die große Furcht der Seebäder vor verschandelten Panoramablicken auf das Meer gehört der Vergangenheit an. Die Windparks sind vor der Küste aus nicht sichtbar.

 

« Zurück | Nachrichten »