„Eine Bad Bank reicht nicht“

Thomas Jorberg, Vorstand der GLS-Bank, plädiert für einen grundsätzlichen Wechsel im Finanzsystem. Die Regierung soll gefährliche Produkte verbieten.

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Von Hannes Koch

21. Apr. 2009 –

Hannes Koch: Herr Jorberg, die Bundesregierung will „bad banks“ - Auffanggesellschaften – gründen, um die Banken von verlustbringenden Wertpapieren zu entlasten. Wer soll das bezahlen?


Thomas Jorberg: Natürlich sollten in erster Linie die Verursacher zahlen, also die Banken. Sie müssen für die Verluste, die sie angerichtet haben, selbst aufkommen – soweit sie dazu in der Lage sind. Der Staat darf nur dann einspringen, wenn durch den Zusammenbruch einer großen Bank eine gesamtwirtschaftliche Kettenreaktion zu befürchten wäre.


Koch: Sind die Verluste nicht so groß, dass sie die privaten Finanzinstitute völlig überfordern?


Jorberg: Das kann man heute noch nicht beurteilen. Es hängt davon ab, welcher Preis beim Verkauf der Papiere künftig zu erzielen ist. Die Banken müssen alles unternehmen, um ihren Finanzschrott selbst wieder loszuwerden. Einen Automatismus, dass der Staat und die Bürger die Verluste übernehmen, darf es nicht geben.


Koch: Genau diese Garantie gibt die Regierung den Banken jetzt jedoch.


Jorberg: Aber nur als allerletzte Möglichkeit, und das lässt sich kaum verhindern.


Koch: Sehen Sie im Zuge der Krise eine Trendwende zu mehr Bescheidenheit im Finanzsektor oder laufen die alten Geschäfte auf etwas niedrigerem Niveau einfach weiter?


Jorberg: Ich fürchte, es geht ähnlich weiter wie bisher. Der Politik und den Bankern fehlt der Wille, die Richtung grundsätzlich zu ändern. Eine bad bank zu gründen, reicht nicht aus. So bekämpft man die Symptome, schafft aber keine langfristige Lösung.


Koch: Sie plädieren für einen neuen Ordnungsrahmen. Die Finanzwirtschaft solle künftig den Menschen dienen, sagen Sie. Was meinen Sie damit?


Jorberg: Die Kernfrage ist diese: Finanzieren die Banken die reale Wirtschaft, oder machen sie genau das nicht? Der einzige volkswirtschaftliche Sinn des Finanzsystem sollte darin bestehen, die Mittel für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen bereitzustellen, sowie den Geldverkehr aufrechtzuerhalten. Das muss der Maßstab sein. Was nicht diesem Zweck dient und zusätzlich immense Schäden hervorruft, sollte man schlicht verbieten.


Koch: Dann müsste man den Banken weltweit die Hälfte ihres gegenwärtigen Geschäftes wegnehmen. Werden die Institute das überleben?


Jorberg: Die Verschlankung würde vielleicht 30 Prozent der Bilanzsumme durchschnittlicher Großbanken ausmachen. Es bliebe den Instituten immer noch das klassische Bankgeschäft mit Unternehmen und Privatkunden. Dabei allerdings beträgt die Gewinnerwartung nur zehn Prozent und nicht mehr 25 Prozent, wie in den vergangenen Jahren. Aber das ist genau das Ziel: Die Institute sollen ihre abenteuerlichen Renditeerwartungen und damit auch ihre risikoreichen Geschäfte verringern. Sie müssen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden.


Koch: Welche Geschäfte würden Sie verbieten?


Jorberg: Zum Beispiel die sogenannten Leerverkäufe. Dabei verkauft ein Händler Aktien, die er gar nicht besitzt. Weil er sich die Anteile nur zusammenleiht, kann er mit wenig Eigenkapital einen ungeheuren ökonomischen Druck aufbauen. Solche Geschäfte können den Aktienkurs von Firmen schnell in den Keller treiben und große Schäden verursachen. Dafür gibt es keine vernünftige Rechtfertigung.


Koch: Muss man die großen Banken verkleinern, damit sie nicht mehr so gefährlich sind?


Jorberg: Ja, in meinen Augen war es ein Fehler, dass die Bundesregierung die Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank im Zuge der Krise mit Milliarden Euro aus der Staatskasse unterstützt hat. Die Banken dürfen nicht so groß werden, dass der Zusammenbruch eines Institutes zu einer Gefahr für das gesamte System werden kann. In jedem Fall müssten die wichtigen Institute künftig viel besser überwacht werden.


Thomas Jorberg (Jahrgang 1957) ist Vorstandssprecher der GLS-Bank in Bochum. Mit einer Bilanzsumme von gut einer Milliarde Euro, 62.000 Kunden und 180 Mitarbeitern gehört die Bank zu den kleineren Instituten. Aber sie ist eine Vorreiterin ethischer Geldanlage: Mit ihrem Anlagekapital finanziert sie zum großen Teil Unternehmen, die bestimmten sozialen und ökologischen Kriterien genügen müssen.

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