Einfach mal um den Block fahren

Wie Abgasuntersuchungen bei Autos heute funktionieren. Und was sich ab 2017 ändern soll.

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Von Hannes Koch

22. Sep. 2015 –

Es ist eine naheliegende Idee: Künftig sollen die Abgaswerte von Autos beim realistischen Fahren auf der Straße getestet werden. Bisher ist das nicht so: Die Überprüfungen finden im Labor statt – Verfälschungen inklusive.

 

Die Feinheiten der Abgasmessung haben bisher nur Experten interessiert. Mit dem VW-Skandal um gefälscht Abgaswerte kommt nun aber Musik in die Sache. Ohnehin laufen auf europäischer Ebene die Verhandlungen über ein strengeres Prüfverfahren, das ab 2017 eingeführt werden soll. Mit dem Rückenwind der Fälscher-Affäre könnte das EU-Gesetz deutlich schärfer ausfallen als bisher geplant.

 

Bisher testet beispielsweise das Kraftfahrtbundesamt nach einem Verfahren, das „neuer europäischer Fahrzyklus“ (NEFZ) heißt. Es ist etwa 25 Jahre alt. Haben die Autohersteller ein neues Modell entwickelt, wird vor der Marktzulassung ein Exemplar im Labor geprüft. Die dabei ermittelten Abgaswerte dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Ist alles okay, erhält die gesamte Baureihe hunderttausender oder Millionen identischer Fahrzeuge die Zulassung.

 

Das NEFZ-Verfahren kritisieren die Deutsche Umwelthilfe und der ADAC seit Jahren als unrealistisch. Auf den Prüfständen findet beispielsweise keine starke Beschleunigung statt, die im Stadtverkehr oder auf der Autobahn die Emissionswerte in die Höhe treibt. Stattdessen schnurrt das Auto bei gemütlichen 34 Stundenkilometern mittlerer Geschwindigkeit dahin. Schwere Sonderausstattungen oder zusätzliche stromschluckende Aggregate im Fahrzeug werden nicht berücksichtigt. Mit solchen Tricks gelingt es den Herstellern, die Werte zu drücken.

 

Mit dem neuen Verfahren WLTP (worldwide harmonized light duty test procedure) will man ab 2017 nun einige dieser Lücken schließen. Sonderausstattungen werden einbezogen, die Geschwindigkeit im Test erhöht, und die Fahrzeuge müssen länger laufen. Außerdem sollen die Abgaswerte der Fahrzeuge künftig auch im Straßenverkehr getestet werden, erklärt Dorothee Saar von der Deutschen Umwelthilfe. Beschlossen ist Letzteres zwar noch nicht. Saar geht aber davon aus, dass es so kommt.

 

Die Expertin fordert allerdings, dass die Daten der Tests auch veröffentlicht werden. Wenn Transparenz herrsche, sei es für die Autofirmen schwerer, Ausnahmeregelungen durchzusetzen, die das Gesetz unterlaufen. Zusätzlich plädiert Saar für spätere Stichproben bei gebrauchten Fahrzeugen jenseits des einen Vorführwagens einer neuen Baureihe. Fische das Kraftfahrtbundesamt immer mal wieder ein Auto aus dem alltäglichen Verkehr und teste es, seien Manipulationen der Werte kaum noch möglich.

 

Mit den normalen Abgasuntersuchungen (AU), die alle angemeldeten Autos regelmäßig über sich ergehen lassen müssen, haben die umstrittenen Testverfahren nur mittelbar zu tun. Die Ergebnisse der AU, die jede Werkstatt durchführen kann, müssen sich nur grob an den ursprünglichen Werten orientieren und können relativ großzügig davon abweichen.

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