„Er könnte es können“

Der neue Bahnchef Rüdiger Grube kommt von Daimler / Mehdorn verhandelt über Abfindung

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Von Wolfgang Mulke

02. Apr. 2009 –

Der neue Mann an der Spitze der Deutschen Bahn heißt Rüdiger Grube. Der 57-jährige ist derzeit noch Vorstandsmitglied beim Autokonzern Daimler und dort für strategische Fragen zuständig. Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier einigten sich auf diesen Kandidaten. Am Donnerstag wurde die Personalie bereits im Präsidium des Bahn-Aufsichtsrates beraten. Noch im April soll das Kontrollgremium der Berufung zustimmen. Wann Grube tatsächlich im Bahntower die Arbeit aufnimmt, ist noch offen.

Offen ist auch noch die Haltung der Gewerkschaften. Transnet und GDBA wollen sich am kommenden Montag dazu äußern. Die erste Reaktion war allerdings eher positiv. „Er könnte es können“, sagte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel. Die Gewerkschaften trafen Grube am Mittwochabend bereits zu einem kurzen Gespräch. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee ist von Grube überzeugt. Der „Spitzenmanager“ sei ein exzellenter Fachmann, der über eine hohe soziale Kompetenz verfüge, sagte der Minister. Strategisch seien sich beide einig, dass die Bahn weiterhin Netz und Betrieb vereint führt. Dazu soll das Unternehmen die Kunden stärker ins Visier nehmen. „Herr Grube wird einen starken Fokus auf eine hohe Dienstleistungsqualität  in Deutschland legen“, kündigte Tiefensee an.

Der gebürtige Hamburger gilt als offener Charakter und jemand, der mit den Arbeitnehmervertretern gut klarkommt. Seine Karriere begann der Ingenieur, Wirtschaftspädagoge und Arbeitswissenschaftler 1989 beim Rüstungsunternehmen Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB), aus der später die Daimlertochter Dasa wurde. Ein Jahr später trafen sich die Wege von Grube und Hartmut Mehdorn bei Airbus in Hamburg. Mehdorn war Chef, Grube sein Büroleiter. 2001 wurde der Manager in die Daimler-Zentrale nach Stuttgart und dort in den Vorstand berufen. Dort ist Grube für die Konzernentwicklung und industrielle Beteiligungen verantwortlich.

2005 hätte Grube beinahe einen Karriereknick hinnehmen müssen. Er hatte die Pläne einer Welt AG unter Führung von Jürgen Schrempp unterstützt, die bekanntlich nicht aufgegangen sind. Statt Grube nach dem Scheitern Schrempps zu feuern, betraute Daimler ihn mit der Abwicklung der Zukäufe. So konnte er beim zum Beispiel die US-Tochter Chrysler noch rechtzeitig vor der Autokrise losschlagen.

Umwelt- und Verkehrsverbände halten wenig vom neuen Bahnchef. Der Verkehrsclub Deutschland wirft dem Manager Unkenntnis über den Schienenverkehr vor. Die Chance auf einen Neuanfang werde vertan. Im Bahntower wurde der Vorschlag dagegen erleichtert aufgenommen, weil die Einheit des Konzerns damit wohl erhalten bleibt.

Der Aufsichtsrat nimmt das Rücktrittsangebot von Hartmut Mehdorn an. Da dessen Vertrag aber noch bis 2011 läuft, wird der scheidende Vorstand eine nennenswerte Abfindung erhalten. Die Bundesregierung drängt auf eine maßvolle Regelung, will aber auch die Leistungen des Managers in den letzten zehn Jahren anerkennen. Die Verhandlungen darüber haben ebenfalls am Donnerstag begonnen. Vermutlich wird Mehdorn der Abschied durch einen Millionenbetrag versüßt.

Die zunächst wichtigste Aufgabe des Nachfolgers ist die Aufklärung der Datenaffäre. Damit soll zunächst das Vertrauen in den Vorstand wieder hergestellt werden. Wahrscheinlich werden in den nächsten Wochen noch weitere Führungskräfte die Bahn verlassen. Finanzvorstand Diethelm Sack werden zum Beispiel Rücktrittsgedanken nachgesagt. Danach hat Grube alle Hände voll mit der Bewältigung der Wirtschaftskrise, die den Konzern beim Güterverkehr und im Logistikgeschäft voll trifft.

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