Fortschritt im Schneckentempo

Kommentar zum Start des Textilsiegels Grüner Knopf

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Von Hannes Koch

02. Aug. 2019 –

Wer eine Jeans oder einen Jumpsuit im Modegeschäft sucht, findet künftig Produkte mit dem Grünen Knopf, wahrscheinlich irgendwann auch in den Textildiscount-Ketten. Das neue, staatlich garantierte Siegel, entstanden auf Initiative von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU), steht dann für bessere soziale und ökologische Qualität der Kleidungsstücke. Was kann dieser Anhänger bewirken?

Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich für die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern Südosteuropas, Asiens, Afrikas und Lateinamerikas interessieren, bietet der Grüne Knopf vielleicht einen Kaufanreiz. Sie greifen eventuell eher zu solchen Produkten, weil sie der staatlichen Empfehlung vertrauen. Dadurch steigt möglicherweise der Absatz nachhaltiger Textilien stärker, als es die heute schon vorhandenen privaten Siegel wie Fairtrade geschafft hätten. Das wiederum könnte ein Ansporn für weitere Unternehmen sein, selbst solche Sortimente anzubieten, um Nachfrage abzugreifen. Die dazustoßenden Firmen müssen dann ebenfalls die Standards in ihren Zulieferfabriken anheben. Insofern könnte der Grüne Knopf tatsächlich zu sozialen und ökologischen Verbesserungen führen, die über den augenblicklichen Zustand hinausgehen.

Wenn diese Wirkungskette funktioniert, trüge das neue Siegel zum Fortschritt bei. Allerdings muss kein Unternehmen mitmachen. Das Verfahren ist rein freiwillig und marktwirtschaftlich. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob dieser Fortschritt nicht in Wirklichkeit eine Schnecke ist.

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