Fracking auch in Naturschutzgebieten

Der Gesetzentwurf der Regierung zur Gas- und Ölförderung sei zu restriktiv, sagt die Industrie

Teilen!

Von Hannes Koch

09. Mär. 2015 –

Fracking, die umstrittene Fördermethode für Erdgas und Öl, soll auch in Naturschutzgebieten und Nationalparken stattfinden dürfen. Das forderte am Montag der Verband der Erdöl- und Gasunternehmen (WEG). Der von der Bundesregierung beabsichtigte „Ausschluss von Naturschutzgebieten ist zu pauschal“, kritisierte Verbandschef Gernot Kalkoffen.

 

Den Gesetzentwurf von Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) soll das Kabinett am 25. März beschließen. Bisher enthält der Text auch eine neue, schärfere Regelung für Fracking in ökologisch wertvollen Gegenden. In Naturschutzgebieten, Nationalparken und Natura-2000-Gebieten will die Regierung diese Fördermethode verbieten.

 

Kalkoffen, 65 Jahre, weißes Haar, Manager des US-Konzerns Exxon (Esso), stört diese Einschränkung sehr. Er argumentiert, dass dann auch ein Teil der Förderung verboten würde, die heute noch möglich sei. „Gießkannenartig“ verteilte „Ausschlussgebiete“ in ganz Deutschland entwerteten etwa 20 Prozent der hiesigen Erdgasreserven. Statt des grundsätzlichen Verbotes plädierte Kalkoffen für Prüfungen im Einzelfall.

 

Beim Fracking werden Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in den Untergrund gepresst, damit durch kleine Risse Erdgas und Erdöl an die Oberfläche steigen. Viele Bürger, Bürgermeister, Umweltschützer und auch Bundestagsabgeordnete von Union und SPD lehnen das Verfahren wegen seiner Umweltgefahren ab. Auch Erdbeben führen die Kritiker auf die Entleerung der unterirdischen Lagerstätten zurück.

 

Um einerseits der Kritik Rechnung zu tragen, andererseits die Förderung in Deutschland weiterhin zu ermöglichen, haben Hendricks und Gabriel einen Kompromiss formuliert. Das in den USA praktizierte Fracking in grundwassernahen Gesteinsschichten oberhalb von 3.000 Meter Tiefe wollen sie vorläufig auf Forschungsvorhaben beschränken. Unter 3.000 Metern soll weiter gefrackt werden dürfen, aber mit schärferen Umweltauflagen.

 

Auch die 3.000-Meter-Grenze missfällt Kalkoffen, seiner Firma und seinem Verband. Er hält sie für zu „starr“. Einige der Erdgasfelder, die gegenwärtig zugänglich seien, könne man dann nicht mehr ausbeuten. Außerdem stört sich die Industrie an den künftig vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Für alle Bohrungen, auch Probebohrungen sollen diese nötig sein. Der Verband verweist auf die hohen Kosten und schlägt vor, nur jeden „Standort“ einer UVP zu unterziehen. Dann würde eine Prüfung für mehrere Löcher reichen – die billigere Variante.

 

Wenn das Bundeskabinett den Gesetzentwurf durchwinkt, beginnen die Beratungen im Bundestag und Bundesrat. Im dichtbesiedelten Nordrhein-Westfalen lehnt die rot-grüne Landesregierung Fracking-Vorhaben ab. Neue Genehmigungen werden gegenwärtig nicht erteilt. Verbreitete Kritik herrscht auch in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern.

 

Info-Kasten

Fracking

Durch den Boom bei der Erschließung von Öl- und Gasvorkommen, die früher nicht förderbar waren, haben die USA ihre Eigenproduktion erheblich gesteigert. Dies ist ein Argument für Fracking auch in Europa. Gas aus heimischen Quellen könnte den Importe aus problematischen Staaten wie Russland teilweise ersetzen. Deshalb setzt beispielsweise die polnische Regierung große Hoffnung auf Fracking.

« Zurück | Nachrichten »