Frisches Geld für marode Schulen

SPD-Spitzenkandidat Steinmeier plädiert für öffentlichen Investitionspakt gegen die Wirtschaftskrise. Treffen mit Städten und Gemeinden. Große Koalition legt sich noch nicht fest

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Von Hannes Koch

08. Dez. 2008 –

Einen „Investitionspakt von Bund, Ländern und Kommunen zur Sicherung von Arbeitsplätzen“ hat gestern SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagen. Um zusätzliche Maßnahmen gegen die drohende Wirtschaftskrise zu besprechen, trafen sich Steinmeier, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Montag Abend in Berlin mit den Spitzenverbänden von Städten, Gemeinden und Landkreisen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob ein neues öffentliches Investitionsprogramm notwendig sei. Die große Koalition hat sich noch nicht festgelegt. Die wichtigsten Punkte:

 

Warum sind öffentliche Investitionen dringend?

Seit Beginn der 1990er Jahre haben viele Städte und Gemeinden zu wenig investiert – eine Folge von hoher Arbeitslosigkeit, Sparzwängen und Steuersenkungen. Manches Schuldach ist undicht, mancher Klassenraum schlecht ausgestattet. Abwasserleitungen sind porös, Straßen mit Schlaglöchern übersäht. Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat die die notwendigen Maßnahmen zusammengerechnet und kommt auf erstaunliche 704 Milliarden Euro bis 2020 – rund 60 Milliarden pro Jahr.

 

Würde das Handwerk profitieren?

Ein großer Teil kommunaler Aufträge geht ohnehin an das regionale Handwerk und den einheimischen Mittelstand. Diese Unternehmen würden damit auch als erste von einem umfangreichen Sanierungs- und Bauprogramm profitieren.

 

Sichert das Arbeitsplätze?

Viele Ökonomen sind sich einig, dass öffentliche Investitionen zu den Maßnahmen gehören, die am besten gegen eine konjunkturelle Nachfrageschwäche helfen. Die Mittel fließen direkt an die Unternehmen. Diese bezahlen ihr Personal, das seinen Lohn in die Geschäfte trägt. Auf dem Weg in die Wirtschaft geht wenig Geld verloren – im Gegensatz zu Steuererleichterungen, von denen immer ein Teil gespart wird.

 

Was sollte zuerst gemacht werden?

„An Schulen muss man besonders viel investieren“, sagt Busso Grabow, Wissenschaftler am Difu. Ein Beispiel: In vielen Grundschulen steht im Lehrerzimmer kein einziger Computer, Internetanschlüsse fehlen. Um auf guten internationalen Standard zu kommen und den Kindern eine vernünftige Ausbildung mitzugeben, brauchen alleine die kommunalen Schulen in Deutschland 73 Milliarden Euro. Darin enthalten sind der Neu- und Ausbauten von Unterrichtsgebäuden und Sporthallen, Sanierung der Heizungen und Toiletten, Anschaffung von Computern und neuen Möbeln.

 

Dauert das nicht viel zu lang?

Heute fehlt nicht nur das Geld, sondern auch die bürokratischen Verfahren sind oft zu kompliziert. Um schnell etwas gegen die beginnende Wirtschaftskrise zu tun, bräuchte man vorübergehende Ausnahmen. Norbert Portz, Bauexperte beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, schlägt vor, die „Schwellenwerte bei Ausschreibungen anzuheben“. Das heißt: Wenn das Bauamt einer Gemeinde in Nordrhein-Westfalen heute die Klassenräume und Toiletten einer Schule renovieren lassen will, ist ab 75.000 Euro eine komplizierte öffentliche Ausschreibung notwendig. Bis zum Baubeginn könnte es Sommer oder Herbst 2009 werden. Würde der Schwellenwert von 75.000 Euro dagegen angehoben, dürfte die Behörde ausgewählte Firmen um Angebote bitten. Ergebnis: Die Handwerker könnten schon im Frühjahr kommen.

 

Was wollen die Städte?

In erster Linie mehr Geld vom Bund. Weil es seit der Föderalismusreform I kaum noch direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Gemeinden gibt, müssten die zusätzlichen Mitteln auf dem Umweg über die Bundesländer an die Kommunen fließen. Christian Ude, Präsident des Städtetages, und Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, regen außerdem an, dass klamme Kommunen vorübergehend keine Zins- und Tilgungszahlungen leisten müssen, wenn sie Kredite der öffentlichen KfW-Bankengruppe in Anspruch nehmen.

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