• Reinhard Loske |Foto: privat
    Reinhard Loske |Foto: privat

„Geld für die Bedürfnisse der Menschen nutzen“

Professor Reinhard Loske fordert die Geldwende. Das Finanzsystem solle vermehrt sozialen und ökologischen Zielen dienen

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Von Hannes Koch

28. Apr. 2014 –

Hannes Koch: Herr Loske, Sie plädieren für eine Geldwende. Was soll das sein?

 

Reinhard Loske: Die Analogie zur Energie- und zur Agrarwende ist kein Zufall. Schon heute investieren viele Bürger Geld in soziale und ökologische Projekte. Oder sie betreiben Genossenschaften und Stiftungen, die sie selbst kontrollieren. Geldwende bedeutet, solche Ansätze aus der Nische herauszuholen und mehrheitsfähig zu machen. Wir schlagen vor, Geld so einzusetzen, dass es einen Nutzen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung bringt.

 

Koch: Wie kann man das schaffen?

 

Loske: Geld muss zum sozial-ökologischen Gestaltungsmittel werden. Genossenschaftsbanken und Sparkassen etwa sollten ihre Kredite stärker an soziale und ökologische Kriterien binden.

 

Koch: Viele Bürger und Firmen haben andere Ziele als Sie. Sollte Geld nicht neutral sein und den Bedürfnissen aller gleichermaßen dienen?

 

Loske: Geld ist niemals neutral. Wir wollen den Finanzsektor wieder für die Gesellschaft als Ganzes in Dienst nehmen. Unsere Frage ist: Wie können wir zunehmende Summen so nutzen, dass sie tatsächlich den Bedürfnissen der Menschen dienen – und nicht den Interessen weniger Banken und Unternehmen? Jeder sollte sich fragen: Was macht die Bank mit meinem Geld?

 

Koch: Eine der Alternativideen ist die Vollgeldreform. Was bedeutet das?

 

Loske: 90 Prozent des Geldes setzen heute die Geschäftsbanken in Umlauf, indem sie Kredite vergeben. Nur noch ein Zehntel der Geldschöpfung kommt von Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank. Die Anhänger der Vollgeldreform wollen dagegen die private Geldproduktion per Gesetz einschränken. Ihnen geht es darum, die Hoheit über die Geldmengensteuerung wiederzugewinnen und so Inflation, Spekulation und unmäßigen Wachstumsdruck auf die Realwirtschaft zurückzuschrauben.

 

Koch: Privatbanken könnten dann nur noch soviel Euro ausleihen, wie sie selbst zur Verfügung haben. Das würde das Volumen der möglichen Kredite auf einen Bruchteil reduzieren. Wollen Sie, dass die Wirtschaft schrumpft?

 

Loske: Darum geht es nicht. Heute ist das Problem unter anderem, dass die Geschäftsbanken viele Kredite vergeben, wenn die Wirtschaft brummt – und wenige, wenn die Konjunktur lahmt. Damit besteht die Gefahr, dass sie Krisen verstärken. Die Zentralbank könnte mit ihrer Geldmengenpolitik dagegen versuchen, eine stabile Entwicklung zu unterstützen. Die Kreditvergabe würde also nicht gestoppt, sondern besser gesteuert.

 

Info-Kasten

Reinhard Loske (55) arbeitet als Professor für Nachhaltigkeit an der anthroposophisch inspirierten Privatuniversität Witten-Herdecke. Zuvor war er Senator in Bremen und Fraktionsvize der Grünen im Bundestag. Am kommenden Wochenende veranstaltet die GLS-Bank an der Uni Witten-Herdecke ihren Geldgipfel.

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