Genauso krank wie früher

Wegen psychischer Probleme wurden Beschäftigte 2012 so häufig wie nie zuvor krankgeschrieben/ Seelenleiden sind dennoch nicht auf dem Vormarsch

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26. Feb. 2013 –

Immer häufiger bleiben Arbeitnehmer aufgrund von psychischen Störungen dem Job fern. Im vergangenen Jahr erreichte dieser Trend gar seinen vorläufigen Höhepunkt. Jeder 22. Beschäftigte fehlte 2012 wegen eines Burnouts, einer Depression oder einem anderen seelischen Leiden. 1997 war es nur jeder 50. Entwickeln sich die Deutschen jetzt zu einem Volk von psychisch Kranken? Keineswegs, belegt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport. Die Gesellschaft geht heute offener mit dem Thema um. Ärzte stellen realistischere Diagnosen.

 

Der DAK-Gesundheitsreport 2013 zeigt: Seit 15 Jahren steigt die Zahl der Tage, an denen Beschäftigte wegen psychischer Probleme vom Arzt krankgeschrieben werden, konstant an. Frauen sind fast doppelt so häufig wie Männer betroffen. Kein Aufwärtstrend zeigt sich indes beim Krankenstand im gleichen Zeitraum: Auf rund 14 Fehltage kommt ein Arbeitnehmer nach wie vor im Schnitt im Jahr. „Immer häufiger wird in der Öffentlichkeit darüber diskutiert und berichtet, dass eine wachsende Zahl von Menschen dem beruflichen Stress kaum noch gewachsen ist“, beobachtet DAK-Chef Herbert Rebscher. Insgesamt entstehe der Eindruck, man befinde sich mitten in einer epidemischen Ausbreitung psychischer Erkrankungen. Mit diesem Bild räumt der Gesundheitsreport auf.

 

Für den Bericht hat die Krankenkasse die Krankschreibungen von 2,7 Millionen Versicherten ausgewertet und zudem 3.000 Arbeitnehmer befragt. Auch mit Ärzten suchten die Studienmacher das Gespräch. Heute – so ein zentrales Ergebnis der Untersuchung – sind die Menschen häufiger bereit, bei psychischen Problemen einen Arzt aufzusuchen. So sagten 2004 noch 15 Prozent der Befragten, wegen eines  seelischen Leidens in ärztlicher Behandlung zu sein oder gewesen zu sein. 2012 waren es mit knapp 30 Prozent doppelt so viele.

 

Beim Hausarzt kommen psychische Probleme zudem inzwischen recht häufig zur Sprache. Zwei Drittel der Beschäftigten, die im vergangenen Jahr wegen psychischer Probleme krank geschrieben waren, geben an, dass sie dem Arzt selbst von ihrem Seelenleiden berichteten. Beim Rest hakte der Mediziner nach oder wusste bereits von der Erkrankung.

 

„Es gibt keinen Hinweis darauf, dass heute mehr Menschen psychische Störungen haben als vor 20 Jahren“, bringt es Frank Jakobi, Professor an der Psychologischen Hochschule Berlin, zum Punkt. „Früher haben Ärzte andere Diagnosen gestellt.“ Anstelle von „Burnout“, „Depression“ oder „Posttraumatische Belastungsstörung“ hieß es eben Rücken- oder Muskelschmerzen.

 

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